Spannende Geschäftsideen im Gesundheitsmarkt: Caterna Vision entwickelt die erste App, deren Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. mySugr macht Diabetikern mit spielerischen Elementen den Alltag leichter und UpRight beugt Rückenschmerzen vor.
Die Gesundheitswirtschaft setzt 294 Milliarden Euro in Deutschland um. Das sind 11,3 % des Bruttoinlandsprodukts. Zwei Drittel gehen davon auf Leistungen der Krankenkassen zurück. Damit bleiben fast 100 Milliarden Euro für die Privatwirtschaft übrig. Experten sehen in digitalen Geschäftsmodellen der Gesundheitsbranche „the next big thing”. Wir haben uns drei vielversprechende Geschäftsideen aus dem deutschsprachigen Raum genauer angesehen.
Die erste App auf Rezept
Amblyopie ist eine weitverbreitete Sehschwäche und tritt bereits im Kindesalter auf. Die Ursache liegt in einer gestörten Verarbeitung im Gehirn, durch die ein Auge das Sehen „verlernt”. Mit geeigneten Übungsmaßnahmen kann die Sehschwäche therapiert werden. Als Standardbehandlung gilt die Okklusionstherapie – mit einem Augenpflaster wird das gesunde Auge abgeklebt, damit das kranke Auge zum Sehen gezwungen und wieder in den Sehprozess eingebunden wird. Diese Therapie kann sich über mehrere Jahre erstrecken und ist bei Kindern meist sehr unbeliebt.

Die Caterna Sehschule verkürzt die Leidenszeit von Amblyopie Patienten (Quelle: Caterna Vision GmbH)
Das Start-up Caterna Vision hat eine kindgerechte App entwickelt, die durch eine visuelle Stimulation die Behandlungszeit deutlich verkürzen und die Sehstärke verbessern soll. In 30-minütigen Sitzungen trainieren therapeutische Lichtreize das schwache Auge des Patienten. Kombiniert wird dies mit motivierenden Spielen im Vordergrund, wie Tetris, Autorennen oder Knobeleien, die für ein konzentriertes Üben sorgen.
Im Jahr 2010 gegründet, kamen bald Auszeichnungen durch Businessplanwettbewerbe, wie den Science4Life und Startbahn Ruhr. In diesem Jahr folgten eine erste Ausstattung mit Wagniskapital und eine Partnerschaft mit der Barmer GEK.
Erstmals in Deutschland übernimmt mit der Barmer eine Krankenkasse die Kosten einer internetbasierten Therapie. Sie verspricht sich durch die verkürzte Behandlungszeit beim Einsatz der Caterna Sehschule geringere Kosten bei der Behandlung von Amblyopie Patienten. In folgendem Video können Sie sich einen Eindruck verschaffen.
mySugr zähmt das „Diabetes Monster”
Auch die Geschäftsidee mySugr aus Wien setzt auf motivationssteigernde Gamification Elemente. Die Smartphone Applikation ist aufgebaut wie ein Spiel, jeder Eintrag wird mit Punkten und Kommentaren vom Spieleravatar, einem kleinen und aufmüpfigen Diabetes-Monster, belohnt. Verschiedene Herausforderungen helfen dabei, persönlich gesteckte Ziele zu erlangen. Durch spielerische Methoden und mit einer Portion Humor möchte mySugr die Diabetes-Therapie in etwas Positives verwandeln.
Die Anwendung gibt es in zwei Ausführungen, für Erwachsene und Kinder. In Kooperation mit dem Pharmakonzern Sanofi-Aventis bietet mySugr ein Blutzuckermessgerät, das die Messdaten automatisiert an das Smartphone überträgt. mySugr ist also nicht nur ein Spiel, sondern entlastet Diabetes-Patienten bei der Dokumentation der Blutwerte.

mySugr kann durch ein Blutzuckermessgerät von Sanofi Aventis ergänzt werden
Das mySugr System ist nach der internationalen Norm ISO 13485 entwickelt worden und als Medizinprodukt zertifiziert. Die App trägt die CE-Kennzeichnung und ist bei der amerikanischen Gesundheitsbehörde gemeldet. Sie erfüllt damit die hohen Sicherheits- und Qualitätsanforderungen, die an ein Medizinprodukt gestellt werden.
Seit der Einführung im Jahr 2012 konnte die Geschäftsidee mySugr bereits über 100.000 Benutzer für sich gewinnen. Die Applikation ist kostenlos im Appstore verfügbar. Das Start-up mySugr aus Österreich sichert seinen Umsatz durch Zusatzfunktionen, die für 19,99 Euro freigeschaltet werden können. Anfang des Jahres gab mySugr bekannt, dass der Berliner Inkubator XLHealth, spezialisiert auf digitale Geschäftsmodelle im Gesundheitssektor, und die Püspök Gruppe sich mit einer siebenstelligen Summe an mySugr beteiligt haben.
UpRight: Per Vibrationsalarm zu einer besseren Haltung
Sitzen Sie meistens mit gekrümmtem Rücken vor dem PC? Eine schlaffe Haltung bei der Arbeit ist ein weiterverbreitetes Problem. Für viele ist es kaum vermeidbar, den größten Teil des Tages am Schreibtisch zu verbringen. Selbst wenn man sich vornimmt, aufrecht zu sitzen, fällt man bei den ersten Anzeichen von Ermüdung in die Ursprungshaltung zurück.

Hier wird das Gerät der Geschäftsidee UpRight im Einsatz gezeigt (Quelle uprightpose.com)
Ein Team aus Schweizern und Israelis hat nun nach 7-jähriger Entwicklungsarbeit ein einfaches Werkzeug vorgestellt, das den Anwender dabei unterstützt Haltungsfehler ohne zeitraubende Rückengymnastik zu beheben. Die Geschäftsidee heißt UpRight und hat auf der Crowdfunding Plattform Indiegogo bereits 1.500 Abnehmer finden und 140.000 Dollar einspielen können.
Der Stab ist 3,5 cm breit und 11 cm lang und mit Silikon ummantelt. Angebracht wird er über dem Steißbein am Rücken. Ein patentierter Mechanismus soll für eine intuitiv korrekte Positionierung sorgen. Integrierte Sensoren messen alle zehn Sekunden den Rückenwinkel und erkennen ob der Anwender gerade sitzt, steht oder in Bewegung ist.
Fällt der Anwender in eine krumme Rückenposition zurück, erhält dieser durch ein leichtes Vibrieren der UpRight Apparatur das Signal, eine korrekte Haltung einzunehmen. Der Gedanke ist, UpRight zu Beginn für 15 Minuten täglich zu benutzen und sich danach langsam zu steigern bis eine aufrechte Haltung zur Gewohnheit und das Tragen des Gerätes nicht mehr nötig ist.
Die Messdaten, die bei der Benutzung anfallen, können mit der dazugehörigen App auf dem Smartphone ausgelesen und analysiert werden. Das Gerät ist 30 g schwer. Eine Batterieladung hält im Betrieb fünf Tage durch. Die erfolgreiche Crowdfunding Kampagne hat UpRight den Weg zur Massenproduktion geebnet. Die ersten Geräte sollen im Frühjahr nächsten Jahres ihren Weg in die Ladenregale finden.
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