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Profitmaximierung zum Wohle der Gesellschaft?

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Social Entrepreneurship, kurz SE, liegt klar im Trend – das beweist die im Auftrag der KfW durchgeführte Studie zum Thema mit Fokus auf die Potenziale und mögliche Wachstumsprobleme in Deutschland. Wie kommt die Entwicklung zustande, wer sind die Hauptakteure, was ist Social Entrepreneurship überhaupt und wie werde ich ein social Entrepreneur?

Muhammad Yunus, Gründer der Garmeen Bank und die wohl bekannteste Persönlichkeit des Mikrofinanz-Gedankens, gilt als einer der wichtigsten Figuren des Social Entrepreneurship. Mit dem von ihm 1976 initiierten Programm zur Vergabe von Mikrokrediten sollte in Bangladesch die gesellschaftliche Entwicklung unternehmerisch vorangetrieben und auch ärmeren Bevölkerungsschichten Kapital zur Finanzierung ihrer Vorhaben zur Verfügung gestellt werden. Seitdem ist viel passiert, aber die schwierige Aufgabe den Spagat zwischen dem den Marktmechanismen unterworfenen Unternehmertum und dem Erreichen von außerwirtschaftlichen Oberzielen zu schaffen bleibt.

Definition von Social Entrepreneurship

Die Definition von Social Entrepreneurship fällt aufgrund fehlender internationaler Richtlinien immer wieder verschieden aus und lässt sich kaum genau eingrenzen. Weder Politik noch Wirtschaft sind sich einig darüber, welche Eigenschaften Unternehmen haben müssen, um sie dem Social Entrepreneurship zuzuordnen. Einige Eigenschaften finden sich in den Definitionsversuchen jedoch immer wieder: Das soziale Unternehmen sollte einen sozialen Wandel anstreben, welcher…

  • innovativ
  • langfristig angelegt
  • pragmatisch
  • grundsätzlich positiv

…sein sollte.

Wie viele social Entrepreneure gibt es in Deutschland?

Der KfW-Studie zum Thema Social Entrepreneurship in Deutschland nach ist es schwer eine konkrete Definition von Sozialunternehmertum zu geben. Das Kriterium der Innovation kann nirgends belastbar erhoben werden und somit fällt eine Einteilung schwer. Die Studie schätzt die Anzahl von Unternehmen, die markt- bzw. profitorientiert agieren und soziale Oberziele als Leitlinien in ihre Firmenpolitik aufgenommen haben, im unteren viertstelligen Bereich (ca. 1.700 Organisationen). Bei Einbeziehung weitläufigerer Kriterien und Unternehmen aus dem Drittsektor-Bereich kommt eine deutlich höhere Anzahl von sozialen Unternehmen zustande. Social Entrepreneurs, die eigentlich dem Marktsektor zuzuordnen sind, sind also schwierig zu erfassen und doch in der Gründerwelt gerade in aller Munde. Wie kommt das zustande?

Wer ist Social Entrepreneur? Welche Kriterien kann man zur Beurteilung heranziehen? (Quelle: www.timeview.ca)

Wer ist Social Entrepreneur? Welche Kriterien kann man zur Beurteilung heranziehen? (Quelle: www.timeview.ca)

Social Entrepreneurship am Markt

Für viele Social Entrepreneurs bedeutet soziales Handeln in modernen Industrieländern heute vor allem eins: nachhaltig Konsumieren. Mehr denn je bestimmt die Kaufentscheidung an der (Online-)Kasse die Realität von Menschen weltweit. Der Wunsch danach Ware zu kaufen, die unter fairen Arbeitsbedingungen und angemessenem Lohn produziert wurde, wuchs in den letzten Jahren rasant. Verbesserte Informationstechnologie und die damit einhergehende Erkenntnis steigender sozialer Verantwortung der Industrienationen wecken in immer größeren Teilen der Bevölkerung das Bedürfnis fair gehandelter Ware. Darauf reagieren auch Start-ups wie beispielsweise Fairnopoly und Sunsteps.org. Teile der Erlöse über den Einkauf von Waren fließen dabei in soziale Projekte.

Der LOHAS Konsument als Kunde der Social Entrepreneurs

Der Kunde mit dem Wunsch nach dieser Art von Konsum verfolgt der Definition nach den sogenannten Lifestyle of Health and Sustainability, kurz LOHAS. Der Begriff beschreibt einen neuen Lebensstil-/Konsumententyp, der sich an Gesundheit und Nachhaltigkeit orientiert und beim Einkauf neben hoher Qualität der Produkte auch auf deren Herkunft achtet. Das Volumen der jährlichen Konsumausgaben von LOHAS-Haushalten (ungefähr fünf Millionen Haushalte bzw. acht Millionen Erwachsene in Deutschland), die meist einen akademischen Hintergrund haben und als einkommensstark gesehen werden, wurde 2008 auf bereits ungefähr 200 Milliarden Euro geschätzt, wobei der Markt immer stärker wächst. Das in den nächsten Jahren zu erwartende Marktpotenzial weckt bei immer mehr Marktteilnehmern großes Interesse.

Tätigkeitsbereiche von Social Entrepreneurs

Fasst man den Begriff von Social Entrepreneurship weiter, kann man die fließend ineinander übergehenden verschiedenen Hybridformen von gGmbH bis zur traditionellen NGO des Drittsektors auch einigen Branchen zuordnen. Die meisten Social Entrepreneurs im weiteren Sinne sind schwerpunktmäßig in abgrenzbaren Feldern tätig, auch wenn die Einordnung international nach unterschiedlichen Systematiken vorgenommen wird. Die meisten arbeiten in den Bereichen:

  • Bildung
  • Umweltschutz
  • Armutsbekämpfung
  • Wohnen
  • gesellschaftliche Inklusion
  • Menschenrechte
  • soziale Dienste
  • Arbeitsmarktintegration

Im Rahmen einer Erhebung ergab sich folgende Branchenverteilung der befragten Unternehmen:

Die Tatigkeitsfelder von Social Entrepreneurship im weiteren Sinne sind meist eingrenzbar.

Die Tätigkeitsfelder von Sozialunternehmen in Deutschland sind meist eingrezbar. (Quelle: Mercator Forschungsnetzwerk Social Entrepreneurship, kurz MEFOSE-Studie)

Kennzahlen sozialer Unternehmen

  • Die Größe der sozialen Unternehmen fällt meist in den Bereich des Kleinstunternehmertums mit einem Umsatz von jährlich unter 250.000 Euro – ca. die Hälfte aller SEs fällt in diesen Bereich. In einigen, wenigen Fällen weisen die Unternehmen allerdings auch Umsätze von über 5 Millionen Euro auf.
  • Die Mitarbeiterzahlen bleiben meist gering. Auffällig ist, dass je weniger profitorientiert das Unternehmen handelt und dann auf andere Finanzierungsformen angewiesen ist wie bspw. Spenden, desto mehr Ehrenamtliche engagieren sich in einer Organisation.
  • Die meisten Social Entrepreneurs agieren lokal
  • Die Studie beobachtet eine starke Unternehmenskonzentration mit hohen Umsatzzahlen im Bereich Sozialer Dienste

Finanzierung von Social Entrepreneurship (in Deutschland)

Um am Markt zu überleben, muss jedes Unternehmen schwarze Zahlen schreiben. Gewinne einzufahren, stellt für die meisten Unternehmer bereits ein schwieriges Unterfangen dar. Will man aber auch noch gleichzeitig gemeinnützig sein, sollten die meisten Profite gleich zur Maximierung des Gesamtwohls der Gesellschaft genutzt werden. Beides unter einen Hut zu bringen, gestaltet sich als schwierige Aufgabe. Zuerst muss ein Geldgeber den Start-ups unter die Arme greifen bis sich ihr Geschäftskonzept bewährt hat, das nicht selten ein hohes Risiko birgt. Welche Investoren bzw. Geldgeber in Deutschland haben ein Interesse an der Unterstützung solcher Unternehmen?

Im Bereich der privaten Förderung von Social Entrepreneurship finden in Deutschland aktuell einige Entwicklungen statt. Interessant sind die Bereiche der Venture Philantrophy bzw. des Impact Investing, die auf dem deutschen Markt noch wenig ausgereift sind. Nur wenige Intermediäre sind bisher in der Bundesrepublik tätig, die bekanntesten sind BonVenture, Tengelmann Ventures und der Social Venture Fund. In den angelsächsischen Ländern ist dabei aber bereits ein beträchtliches Marktpotenzial zu erkennen. Schätzungen nach werden in Zukunft rund 1% aller professionell gemanagten Investments weltweit in Impact Investments fließen. 2010 betrug das Volumen aller Venture-Philantrophy-Investments rund 500 Millionen Dollar, berichtete das Journal of Social Entrepreneurship im selben Jahr.

Ein Interesse an sozialen Investments mit nachhaltigen Zielen ist vorhanden und zeigt sich in dem wachsenden Interesse der Marktteilnehmer. Mit der von der Europäischen Kommission angestrebten Verabschiedung des Single Market Act soll eine Umstrukturierung der Anlage privaten Kapitals stattfinden, um einen vereinfachten und effizienteren Kapitaleinsatz in soziale Investments über Ländergrenzen hinweg zu tätigen.

In der deutschen Stiftungslandschaft weckt Social Entrepreneurship auch immer mehr Interesse wie eine vom Centre for Social Investment mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen durchgeführte Studie zeigt. Dabei gaben rund 11 Prozent der befragten Stiftungen an, direkte Investitionen in soziale Unternehmen in Form des Mission Investing in Betracht zu ziehen. Dabei wird zu den üblichen drei Kriterien der Geldanlage Sicherheit, Liquidität und Rendite noch das Kriterium der Wirkung (an die Rendite gekoppelt) hinzugefügt, um dem Stiftungszweck zu erfüllen.

Crowdfunding für Social Entrepreneurs

Crowdfunding für Social Entrepreneurs gilt als eine weitere Finanzierungsmöglichkeit. Startnext bietet in Kooperation mit der Deutschen Bank Stiftung bereits Start-ups die Möglichkeit auf der von Social Impact GmbH gegründeten Plattform Social Impact Finance Kapital, für die eigene Idee zu akquirieren. Aktuell laufen folgende Finanzierungsrunden:

  • Original Unverpackt soll ein Supermarkt werden, der auf Einwegverpackungen verzichtet, um unnötigen Müll zu vermeiden und die Umwelt zu schonen
  • morethanshelters entwickelt Architektur- und Designkonzepte ausschließlich für humanitäre Zwecke, wobei DOMO als mobiles Raumsystem für Flüchtlinge weltweit ihr zurzeit wichtigstes Projekt ist
  • Show Racism the Red Card soll ein Dokumentarfilm zur Aufklärung von Kindern und Jugendlichen über Rassismus und Diskriminierung im Alltag werden

(Weitere) Zeichen der Zeit: Social Entrepreneurship in der aktuellen Gründerwelt

Als interessanter Indikator für die Entwicklung der Gründungszahlen in Deutschland ist die Rechtsform einer Gründung. Einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, kurz WZB, nach ist die Anzahl der Gründungen von gGmbHs massiv gestiegen. Diese Unternehmensform ist dabei nur für diejenigen bestimmt, die ihre Unternehmensgründung einem sozialen Zweck verschreiben.

Die Anzahl der Gründungen von gGmbHs   steigen stark.

Gründungsjahr der Organisationen nach Rechtsform in % (Quelle: WZB-Studie)

Als weiteres Zeichen für den sich abzeichnenden Trend von Social Entrepreneurship sind die gehäuft öffnenden Social Hubs in der Bundesrepublik. Neben Universitäten haben mittlerweile auch einige private Akteure die sogenannten Innovationsinkubatoren dem sozialen Zweck verschrieben und bieten neben professioneller Beratung auch Möglichkeiten zur Vernetzung in der Branche des sozialen Unternehmertums an. In den Social Impact Labs, die bereits seit längerer Zeit in Berlin, Hamburg und seit diesem Jahr auch in Frankfurt Gründern bei der Umsetzung ihrer Ideen helfen, können Gründer, nach erfolgreicher Aufnahme in das Lab über eine Bewerbungsrunde mit öffentlichem Pitching, den CoWorking Space des Labs nutzen und vor Ort Kontakte knüpfen, um Synergieeffekte zu schaffen.

Auch die Universitäten Deutschlands erkennen die Zeichen des Marktes. Die neuen Studiengänge „Innovatives Soziales Handeln – Social Entrepreneurship” an der Uni Lüneburg sowie die Social-Entrepreneurship-Akademie in München und der Masterstudiengang „Public Policy” an der Humboldt-Viadrina School Of Governance weisen auf den wachsenden Stellenwert des Sozialunternehmertums in Deutschland hin. Neben diesen Studiengängen baut auch die European Business School ein Kompetenzzentrum für Social Entrepreneurship auf.

Weitere Informationen rund um Social Entrepreneurship finden Sie in der vollständigen Studie der KfW hier.


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