„Crowdinvesting boomt wieder!“ So lautete die Botschaft des Anfang März verschickten Marktreports von Crowdfunding.de, die auch von Journalisten – u.a. auf Gründerszene oder WiWo Gründer – aufgenommen wurde. Die ausgewiesenen Wachstumsraten im Report sollten jedoch mit gewisser Skepsis beurteilt werden. So weist die Analyse in zentralen Punkten Schwachstellen auf, die bei einem Leser mit weniger Fachkenntnis zu falschen Schlussfolgerungen führen können.
Wie unsere früheren Analysen zum Markt für Crowdfinanzierung bereits zeigten, ist der Markt sowohl in Hinblick auf Anlageklassen als auch die Finanzierungsinstrumente zunehmend fragmentiert worden. Eine gemeinsame Klammer war sowohl aus Sicht eines Anlegers als auch aus Sicht eines Kapital suchenden Unternehmens bzw. Projekts nicht mehr gegeben. Auf dieser Feststellung basieren meine nachfolgenden Hauptkritikpunkte zum aktuellen Marktreport zum Thema Crowdinvesting.
#1: Immobilien, Start-ups, erneuerbare Energien – ein zu vielfältiger Mix
Was haben Immobilien, Start-ups und Projekte zu erneuerbaren Energien gemeinsam? Eigentlich nichts. Doch im Sinne des Crowdinvestment-Reports verbindet die Anlageklassen, dass Privatpersonen über Onlineplattformen investieren können. Ist dies sinnvoll? Falls ja, könnte der Markt dann in Zukunft auch um Investments in Schiffe, Kunst oder Wein erweitert werden. Und auch das Segement Scale der Deutschen Börse für kleine und mittlere Unternehmen ließe sich hinzuaddieren.

#2: Crowdlending nun auch Crowdinvesting
Als Crowdlending bezeichnet man die Kreditvergabe von Privatpersonen an Unternehmen über Onlineplattformen. Statt diesen Marktbereich gesondert auszuweisen, wird er einfach in die Gesamtstatistik zu Crowdinvesting integriert. Nachvollziehbar: Schließlich entwickelte sich Crowdlending auch in früheren Jahren deutlich stärker als das klassische Crowdinvesting für Start-ups. Aber sachlich ist das schlichtweg falsch.
# 3: Mezzanine und Eigenkapital in einen Topf
Sogenannte Venture Debt-Angebote von Unternehmen werden im Report einfach dem Gesamtmarkt zugeschlagen. Hier gab es auch einen schönen Zuwachs, vermutlich ausgelöst durch die (zu) attraktiven Zinsversprechen der Venture Debt vergebenden Unternehmen. Zwar entspricht die Mezzanine-Finanzierung im Vergleich zu Crowdlending oder der Immobilienfinanzierung noch mit am ehesten dem Crowdinvesting, wie es zu Beginn des Marktes gedacht war, doch unterscheidet sich die Ausgestaltung eben doch deutlich von einem „Investment“. Vielmehr sind eher Parallelen zu den Mittelstandsanleihen der vergangenen Jahre gegeben – hoffentlich mit besserem Ausgang für die Investoren.
#4: Start-up, Wachstumsunternehmen, KMU
Nicht nur in Bezug auf die Anlageklassen und die Instrumente zeigt der Report Schwächen. Zusätzlich werden auch die Unternehmensphasen bunt gemischt bzw. in einen Topf geworfen. Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU weisen jedoch völlig unterschiedliche Risikoprofile auf, weshalb eine gemeinsame Betrachtung nicht zielführend ist. Dies spiegelt sich teilweise auch bei den in den Unternehmensphasen zum Einsatz kommenden Instrumenten (Lending, Mezzanine, Eigenkapital) wider – und so schließt sich dann der Kreis, zulasten einer differenzierten und inhaltlich schlüssigeren Marktbetrachtung.
Man kann dem Marktreport zugutehalten, dass er auf den hinteren Seiten gesonderte Statistiken zu den angebrachten Kritikpunkten aufweist. Dadurch wird eine differenzierte Betrachtung möglich. Das Problem ist aber der Eindruck, der zu Beginn des Reports suggeriert wird, mit Aussagen wie „der deutsche Crowdinvestment Markt wächst 2017 um +171% auf 200 Mio. €“. Eine künstliche Markterhöhung dürfte nicht im Sinne der Branche sein. Vielmehr ist eine transparente und realistische Analyse der aktuellen Entwicklungen ratsam.
René ist CEO von Für-Gründer.de. Sechs Jahre lang hat er den Crowd-Monitor von Für-Gründer.de verantwortet. Nachdem 2017 die Entwicklungen für Start-ups weiterhin ernüchternd waren, wurde der Report eingestellt. Ursachenforschung hat René in diesem Beitrag betrieben.
Der Beitrag Crowdinvesting boomt NICHT: ein Marktreport, der Äpfel mit Birnen vergleicht erschien zuerst auf GründerDaily - Deine tägliche Dosis Unternehmertum.