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Mindestlohngesetz: Darauf müssen Gründer achten

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Mit der Einführung des Mindestlohns hat sich seit Jahresbeginn im Niedriglohnsektor für Arbeitgeber und Arbeitnehmer einiges geändert. Auch Gründer sind betroffen, wenn sie Praktikanten oder Mitarbeiter beschäftigen.

Im Gespräch mit Dr. Uwe Schlegel, Rechtsanwalt der ETL-Gruppe und Experte rund um die Fragen zum Mindestlohn, haben wir die wichtigsten Punkte geklärt. Herr Dr. Schlegel hat auch an einem eBook zu diesem Thema mitgearbeitet, das unser Partner felix1.de zum kostenfreien Download anbietet.

felix1_Facebook_EBook-Mindestlohn

Für-Gründer.de: Hallo Herr Dr. Schlegel, Sie haben sich bereits seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema Mindestlohn beschäftigt. Was hat sich für Arbeitgeber seit Anfang des Jahres geändert?

Dr. Uwe Schlegel von ETL: Seit dem 1.1.2015 ist grundsätzlich für jede Art der Arbeitsleistung – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – ein Stundenentgelt von 8,50 Euro brutto zu leisten. Dieses Stundenentgelt schließt Arbeit im eigentlichen Sinne, also die sogenannte Vollarbeit, aber auch den sogenannten Bereitschaftsdienst mit Ausnahme der Arbeit in der Pflege mit ein. Der Bereitschaftsdienst spielt im Logistik- oder Taxigewerbe eine größere Rolle.

Hinzu kommen für Arbeitgeber neue Aufzeichnungspflichten hinsichtlich der Arbeitszeit von Arbeitnehmern. Diese gab es in einigen Branchen in der Vergangenheit zwar schon immer, neu sind allerdings Aufzeichnungspflichten für Minijobber, die branchenunabhängig vorzunehmen sind.

Für-Gründer.de: Es gibt eine Übergangsfrist für die Einführung des allgemeinen Mindestlohns. Was bedeutet das genau und welche Branchen sind speziell betroffen?

Dr. Uwe Schlegel von ETL:

Die Übergangsfristen bis Ende 2016 haben eine geringe Bedeutung, da sie tatsächlich nur einige wenige Tarifverträge betreffen.

Hierzu zählen vor allem die Fleischindustrie, Friseure, Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau, Leih- und Zeitarbeit, Textil- und Bekleidungsindustrie, Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft und die Zeitungszustellung. In diesen Bereichen darf der Mindestlohn bis Ende 2016 legal unterschritten werden, allerdings werden bereits vor Ablauf der Übergangsfrist in einigen dieser Branchen der Mindestlohn laut jeweiligem Tarifvertrag auf 8,50 Euro oder mehr angehoben.

Dr. Uwe Schlegel, Felix1.de

Dr. Uwe Schlegel ist Rechtsanwalt in der ETL-Gruppe und Experte bei felix1.de

Für-Gründer.de: Für Gründer und Selbstständige waren Praktikanten oft gute und günstige Arbeitskräfte. Welche Voraussetzungen muss ein Praktikum erfüllen, damit es nicht unter das Mindestlohngesetz fällt?

Dr. Uwe Schlegel von ETL:

Im Gesetz steht, Praktikanten haben Anspruch auf Mindestlohn. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, Praktikanten würden nicht unter das Mindestlohngesetz fallen. Das Gegenteil ist der Fall.

Das Gesetz sieht lediglich für einige wenige Praktika eine Ausnahme vor. Im Wesentlichen sind das sogenannte Orientierungspraktika und verpflichtende Praktika, also Praktika, die Teil einer Ausbildung bzw. Weiter- und Fortbildung sind. Als Praktikumsgeber fällt man hier nicht unter das Mindestlohngesetz.

Das Orientierungspraktikum spielt wirtschaftlich meist jedoch gar keine große Rolle, da darunter in der Regel Schülerpraktika zu verstehen sind, bei denen der Arbeitgeber wohl auch keine Vergütung schuldet, da das Praktikum dem Kennenlernen der Arbeitswelt dient.

Außerhalb solcher Schülerpraktika ist bei den Orientierungspraktika zu beachten, dass eine Dauer von maximal drei Monaten nicht überschritten werden darf, um nicht doch unter das Mindestlohngesetz zu fallen. Pflichtpraktika können auch über drei Monate hinausgehen und unterfallen dann auch nicht dem Mindestlohn.

Allerdings ist zu beachten, dass alle Praktika grundsätzlich angemessen vergütet werden müssen. Hierzu gibt es eine Faustformel, die aussagt, dass die Vergütung vergleichbar mit der eines Auszubildenden abzüglich 20 % sein muss. Der Grundsatz, Praktika müssen nicht vergütet werden, ist also in mehrfacher Hinsicht falsch.

Für-Gründer.de: Was gilt für Personen mit Minijob?

Dr. Uwe Schlegel von ETL: Der Minijobber ist ein ganz normaler Arbeitnehmer, das heißt arbeitsrechtlich gesehen, ist er ein Teilzeitbeschäftigter. Teilzeitarbeiter haben, natürlich abgesehen von den tariflichen Ausnahmen, Anspruch auf 8,50 Euro.

Allein die Tatsache, dass es sich um einen Minijobber handelt, rechtfertigt keine Unterschreitung des Mindestlohns.

Für-Gründer.de: Ein selbstständiger Journalist arbeitet freiberuflich für eine Zeitung. Gilt auch hier der Mindestlohn?

Dr. Uwe Schlegel von ETL: Freiberufler haben keinen Anspruch auf Mindestlohn, so wie andere Selbstständige auch nicht. Allerdings zeigt sich in letzter Zeit, dass die Kontrolle freier Mitarbeiter stark zugenommen hat, um so Scheinselbstständige aufzudecken. So werden aktuell physiotherapeutische Praxen geprüft, in denen viele freie Mitarbeiter tätig sind, deren Status als Selbstständige allerdings oft nicht mehr anerkannt wird. Diese Personen werden als Arbeitnehmer erklärt, die dann natürlich auch Anspruch auf den Mindestlohn haben.

Die Folgen einer Aberkennung des Status des Freiberuflers sind für den Arbeitgeber gravierend: Der Freiberufler erhält rückwirkend den Status als Arbeitnehmer samt seiner Rechte und kann die Lohndifferenz nachfordern. Der Arbeitgeber muss ggf. Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber – bezahlen. In vielen Fällen reden wir hier von fünfstelligen Summen, die von den Sozialversicherungsträgern nachverbeitragt werden.

Da die Scheinselbstständigkeit eine wirtschaftlich große Gefahr für Gründer mit sich bringt, sollte man sich in einem ersten Schritt an drei maßgeblichen Punkten orientieren, wenn man die Scheinselbstständigkeit erkennen möchte:

  • Weisungsabhängigkeit: Wenn jemand nach Weisung eines anderen arbeitet, spricht dies sehr stark für einen Arbeitnehmerstatus.
  • Feste Eingliederung in eine betriebliche Organisation
  • Typik: Wie muss man die Beschäftigung einer solchen Person typischerweise begreifen? Eine Arzthelferin kann beispielsweise nicht freiberuflich tätig sein, ist daher immer Arbeitnehmer.

Wenn die drei Punkte bejaht werden, spricht es sehr für einen Arbeitnehmerstatus.

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Auf der zweiten Seite zeigt Herr Dr. Schlegel auf, welche Dokumentations- und Meldepflichten Arbeitgeber im Rahmen des neuen Mindestlohngesetzes einhalten müssen. Außerdem erfahren Sie mehr darüber, was passiert, wenn man als Arbeitgeber weniger als den Mindestlohn bezahlt.


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