Gerald Heydenreich gründet seit 15 Jahren erfolgreich Unternehmen. Zuerst die Software-Plattform „Portum”, die er 2006 an Capgemini verkaufte. Danach den Shopping-Club „BuyVip”, den 2010 Amazon übernahm. Der jüngste Streich „Pippa & Jean” ist eine moderne Variante der Tupper-Party und bringt Social Selling ins Schmuckgeschäft. Auf Für-Gründer.de erzählt Heydenreich von seinen Erfahrungen und gibt wichtige Tipps für andere Gründer.
Seriengründer sind ein eigener Schlag. Wie schon Jörg Lamprecht, Gründer von Aibotix – einem Hersteller von kommerziellen Drohnen – auf dem Frankfurter Gründerevent Gründen – Fördern – Wachsen, so erzählt nun auch Gerald Heydenreich fast liebevoll von seinen früheren Unternehmen. Dennoch hält er seine Kreationen nicht, sondern verkauft sie zum richtigen Zeitpunkt an potente Investoren und macht sich zu neuen Ufern auf. Diese Gründerstory richtet sich aber nicht nur an künftige Seriengründer. Auch jene, die ihr Unternehmen länger halten wollen, können aus Heydenreichs Erfahrungen lernen.
Eine spannende Beobachtung, die er gleich zu Beginn mitteilt, handelt interessanterweise nicht vom Gründer, sondern vom Mitarbeiter: Viele von ihnen würden ein Unternehmen nämlich verlassen, sobald es an einen großen Konzern verkauft worden ist. „Das ist ein anderer Typ Mensch, der in einem Start-up arbeitet”, so der Unternehmer. Besonders bemerkenswert ist, dass viele ehemalige Mitarbeiter sogar zu Heydenreich zurückkommen, sobald er eine neue Firma gründet. Für das „Bäumchen wechsle dich” seiner Mitarbeiter hat er also Verständnis:
Sie sind nicht verärgert, nur weil wir das alte Unternehmen an einen Konzern verkauft haben, sondern kommen dann mit Freude in das neue Start-up und wollen auch hier mit vielen Freiheiten wieder etwas Neues aufbauen.

Seriengründer Gerald Heydenreich zog die mittlerweile erfolgreich verkauften Unternehmen Portum und BuyVip auf, sein jüngstes Unternehmen heißt Pippa & Jean (Foto: Pippa & Jean)
In einer seiner früheren Firmen bekam eine frisch eingestellte Praktikantin direkt die Verantwortung für eine wichtige Produkteinführung übertragen. „Man erlebt in einem Konzern eher selten, dass den Mitarbeitern ein so großer Entscheidungsspielraum in einer frühen Phase der Karriere gegeben wird”, so Heydenreich.
Ein Stück vom Kuchen abgeben, um das Start-up nach vorn zu bringen
Doch wie findet und bindet man gute Mitarbeiter an ein Unternehmen, das noch gar nicht existiert? Zu Beginn kann man keine hohen Gehälter zahlen. Das ist klar. Dennoch braucht man Spezialisten, die das Unternehmen schnell nach vorne bringen. Heydenreich sichert neuen Mitarbeitern für gewöhnlich zwischen 0,5 und 2 % der Anteile über einen bestimmten Zeitraum zu.
Das ist meist attraktiv für sehr gute Leute, die in der Anfangsphase oft auch noch einen festen Job woanders nebenbei ausführen.
Nach einer erfolgreichen Finanzierungsphase sollte sich ein Start-up dann aber schnell professionalisieren. Erstens kann man nach Einstieg eines Investors nicht mehr ganz so einfach über Unternehmensanteile verfügen. Zweitens ist dann Geld in der Kasse, das auch die Zahlung von normalen Gehältern ermöglicht. „Nach der Finanzierung kann und sollte man vernünftige Gehälter bezahlen, die nicht exorbitant sind, aber auch keine Hungerlöhne”, so der erfahrene Gründer.
Kaum Ahnung von Schmuck, dafür umso mehr vom Schmuck verkaufen
In der Tat hat Heydenreich vor allem Erfahrung im Gründen von Unternehmen, nicht unbedingt in der Branche, in der er gründet. „Vor Pippa & Jean hatte ich von der Schmuckbranche keine Ahnung”, gesteht er offen. Dennoch weiß er genau, wo das Potenzial liegt. „Der Verkauf in den Innenstädten geht weiter zurück, der Online-Handel wächst, ist aber unpersönlich und weitgehend frei von Beratung. Social Selling ist eine ideale Kombination aus beiden Welten”, verrät der Self-made Schmuckhändler. Früher verstand man unter Social Selling die klassische Tupperparty. Diese leidet heute unter einem eher eingestaubten Image. „Das stimmt”, gibt Heydenreich zu, aber
in Deutschland finden jedes Jahr über 1 Million Tupperparties statt. Der Ansatz ist beliebter denn je!
Im Kern bedeutet Social Selling, dass Unternehmen ihre Vertriebsstrukturen auslagern. Kein schlechter Ansatz – gerade für Start-ups, die meist noch keine eigene Vertriebsstruktur haben. Das Internet hat diese Arbeit für viele Geschäftsmodelle leichter gemacht. Aber bei Pippa & Jean kommen nur etwa 15 % des Umsatzes über den Onlineshop. Den Löwenanteil machen die Direktverkäufe auf den Style-Parties aus.

Auf www.pippajean.com gibt es glamurösen, romantischen und extravaganten Schmuck (Screenshot der Website)
Wie viel muss der Gründer selbst können und wissen?
Social Selling bzw. die Gründung in einer fremden Branche bedeuten jedoch nicht, dass sich der Unternehmer zurücklehnen kann und andere die Arbeit erledigen. „Am Anfang mussten wir uns alles aufbauen”, so Heydenreich. Und so habe er quasi drei Unternehmen parallel gegründet:
- Ein modernes Schmuck-Unternehmen mit Lieferanten aus der ganzen Welt,
- ein IT-Unternehmen, denn eine passende Software gab es nicht,
- und ein Vertriebsunternehmen, das die Social Selling-Strategie umsetzt.
Das sei viel Arbeit und vor allem ein Lernprozess gewesen: „Als Gründer musst du das alles selbst verstehen”, warnt der erfahrene Unternehmer. „Wenn du es jemand anderen machen lässt und nicht weißt, was passiert, bist du nicht mehr Herr deiner Firma.”
Zu guter Letzt ist da noch die Sache mit der Aufmerksamkeit. Wie erfahren die Kunden überhaupt, dass es mich gibt? Marketing macht Pippa & Jean wenig. „Das meiste läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda”, so Heydenreich. Auch hier hilft der Social Selling-Ansatz. Denn jede Style-Party wird automatisch zum Multiplikator. Doch man kann Wahrnehmung auch anders generieren. Kurz nach Einstieg der Finanzinvestoren – Vorwerk Direct Selling Ventures und Holtzbrinck Ventures – übernahm Pippa & Jean das Berliner Start-up Juvalia. Neben dem strategischen Ansatz, einen Wettbewerber vom Markt zu nehmen, bescherte das dem Unternehmen auch Aufmerksamkeit in der Szene. „Ein sehr vorteilhafter Nebenaspekt”, resümiert Heydenreich die Übernahme.
- Kontakt zur PippaJean GmbH
Carl-Benz Strasse 21
60386 Frankfurt am Main
Telefon: 069.17 53 70 49 0
E-Mail: info@pippajean.com
Internetseite: www.pippajean.com
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