Im ersten Teil unseres Interviews zu Crowdinvesting ging es darum, für welche Start-ups diese Finanzierungsform geeignet ist und wie man die passende Plattform auswählt. Heute steht die Frage im Mittelpunkt, welche Kriterien für die Auswahl der Start-ups bei den Plattformen entscheidend sind. Zudem sprachen wir über die Faktoren, die für eine erfolgreiche Finanzierung wichtig sind.
Für-Gründer.de: Hallo Denis! Im ersten Teil unseres Crowdinvesting-Insights hast du uns als ehemaliger Dealflow Manager berichtet, für wen sich Crowdfunding bzw. Crowdinvesting eignet. Nun möchten wir etwas genauer erfahren, wie eine Kampagne genau abläuft und was die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zur erfolgreichen Finanzierung sind – kannst du hier ein wenig Licht ins Dunkel bringen?
Denis Jung von angelop: Zunächst einmal müssen die Start-ups mit einem aussagekräftigen Pitchdeck oder Kurzbusinessplan das Interesse eines Dealflow-Managers erwecken. Das ist oft schwierig genug. Zu meiner Zeit bei seedmatch kamen oft 40 Projekte pro Woche auf meinen Schreibtisch. Wer hier keine gut aufbereiteten Unterlagen vorweisen kann, hat kaum eine Chance, beachtet zu werden. Da helfen auch keine Anrufe und wiederholten E-Mails. Crowdinvestings sind auch für die Plattformbetreiber sehr zeitaufwändig und risikobehaftet. Es werden nur die besten Kandidaten genommen. Die Anforderungen an Projekte haben seit Beginn des ersten Crowdfundings stark zugenommen.
Haben Sie Glück, nimmt der Plattformbetreiber Kontakt auf und stellt erste Fragen per E-Mail und Telefon. Ist der Kandidat sattelfest und macht Lust auf mehr, wird das Kernteam zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Hier geht es dann richtig zur Sache. Auch wenn der Ton freundschaftlich ist, wird versucht Löcher in den Investment Case zu schießen. Sie sollten also Ihre Hausaufgaben gemacht haben. Trotzdem sollten Sie nicht pokern. Offenheit ist ein Muss. Kleinere Mängel können Sie ohne Weiteres nacharbeiten. Wenn Sie dann überzeugen, geht es weiter.
Zunächst wird ein Letter-of-Intent, kurz LOI, unterschrieben. Dann liefern Sie die geforderten Due-Diligence Unterlagen wie beispielsweise Handelsregisterauszug, den Gesellschaftervertrag und Arbeitsverträge zu. Die einzureichenden Unterlagen werden durch den entsprechenden Betreiber der Crowdinvesting-Plattform festgelegt. Wurde alles geliefert und der Plattformbetreiber ist zufrieden, verhandeln Sie im nächsten Schritt die Unternehmensbewertung bzw. den Schlüssel, nachdem das investierte Kapital am Unternehmensumsatz bzw. -gewinn beteiligt ist.

Denis Jung hat durch seine Arbeit bei Seedmatch viel Erfahrung im Bereich Crowdinvesting sammeln können.
Findet ein Start-up mit dem Plattformbetreiber zusammen, geht es an die eigentliche Vorbereitung des Fundings. Zunächst müssen alle wichtigen Unternehmensdokumente wie Businessplan und Finanzplan auf Vordermann gebracht werden. Wer meint, dass er bereits alles fertig in der Schublade hat, irrt sich. Oft tauchen bei der Vorbereitung noch viele Fragen auf, die alle recherchiert, aufbereitet und in das Geschäfts- und Finanzmodell eingearbeitet werden müssen.Die meisten Plattformen erwarten auch eine Art Preview oder Investmentstory, die wohl überlegt sein muss. Sie dient dazu, die Leute inhaltlich abzuholen und Interesse zu wecken. Hier wird geworben.
Sehr viel Zeit nehmen auch das Unternehmens- bzw. Crowdfundingvideo und die Vorbereitung von Presse, PR und Social-Media Aktivitäten in Anspruch. Crowdfunding lebt von der Kommunikation mit möglichst vielen Menschen.
Das bedeutet für viele Gründer ein Umdenken, die nur den Dialog mit einzelnen Geschäftspartnern gewohnt sind. Nicht selten scheitert eine Vorbereitung, weil die Gründer hier nicht in die Gänge kommen. Die perfekte Idee im Kopf des Erfinders reicht nicht aus. Die Crowd muss angesprochen werden, Reichweite aufgebaut werden. Jeder interessierte Laie muss in der Lage sein, die Idee zu verstehen und sich dafür zu begeistern.
Neben einer guten Außendarstellung ist es aber auch wichtig, dem Funding eine Dynamik zu geben. Es hat sich gezeigt, dass Fundings besonders gut laufen, wenn von Beginn an bereits schnell viel Geld investiert wird. Dies ist ein wichtiges, vertrauensbildendes Signal an die Community, dass es sich hier um ein attraktives Projekt handelt. Hier empfehlen die Plattformen den Gründern, dafür zu sorgen, dass entsprechende Ankerinvestments von ihren „friends, family and fools” getätigt werden.
Auch ist es wichtig, immer wieder für Verknappung zu sorgen. Auf diese Weise wird der Instinkt angesprochen das letzte Stück vom Kuchen zu bekommen. Sie können beobachten, dass viele Projekte schrittweise ihr Fundinglimit erhöhen. Das ist natürlich Augenwischerei. Das Fundingziel ist von Anfang an das vertraglich festgelegte maximale Fundinglimit, welches aber auf diese Art in zwei bis drei Schritten erreicht wird.
Es ist immer günstig, ein Funding mit anderen unternehmensrelevanten Ereignissen zu kombinieren. So kann es beispielsweise helfen, wenige Tage nachdem die Fundinggeschwindigkeit zurückgegangen ist, ein neues Produkt zu launchen, neue Business Angels oder VCs zu präsentieren oder aber einen großen Auftrag durch einen renommierten Geschäftskunden oder strategischen Partner bekannt zu geben.
Für-Gründer.de: Was passiert denn eigentlich nach der Finanzierung? Was erwartet die Crowd?
Denis Jung von angelop:
Vertraglich ist oft ein quartalsweises oder jährliches Reporting vereinbart. Manche Teams nehmen das nicht so ernst, was in der Community übel aufstößt.
Da die meisten Start-ups aber mehr als eine Finanzierungsrunde benötigen, sind Sie gut beraten, die Crowd glücklich und involviert zu halten. Immer wieder wird der Mehrwert der Crowd als Unterstützer, Pilotkunden und Markenbotschafter unterschätzt. Auch unter diesem Gesichtspunkt lohnt es sich, regelmäßig den Kontakt zur Community zu suchen und diesen zu pflegen.
Auf der nächsten Seite erfahren Sie, was es bedeutet Crowdinvestor zu sein, welche Leistungen angelop bietet und Sie erhalten fünf Tipps zur richtigen Finanzierungsstrategie.