Was bringt ein Start-up dazu, ein eigenes Fahrrad im scheinbar gesättigten Markt an den Start zu bringen? Diese Frage haben wir Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering gestellt. Im Interview verrät er, was seine Urwahn Bikes so besonders macht und wie Crowdfunding und eine Venture Capital Finanzierung dem jungen Unternehmen zum Erfolg verhelfen.
Für-Gründer.de: Hallo Sebastian, ihr beabsichtigt Anfang 2018 ein eigenes Fahrrad an den Start zu bringen. Wie kommt man auf die Idee, im scheinbar gesättigten deutschen Markt, ein weiteres Fahrrad bauen und verkaufen zu wollen?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Es existieren nur wenige Fahrräder, die in ihrer Beschaffenheit den Menschen als Nutzer in den Mittelpunkt stellen. Daher haben wir es uns zur Aufgabe gemacht ein innovatives Fahrrad zu entwickeln, das die Bedürfnisse des Nutzers im Stadtgebrauch ohne Einbußen des Designs und der Funktionalität ganzheitlich berücksichtigt.
Das Resultat ist eine neuartige sowie puristische Baustruktur, die das Hinterrad elastisch aufhängt und so ein komfortables Fahrverhalten generiert. Funktional ergänzt wird der eigens entwickelte Rahmen durch ein integriertes LED-Licht- und GPS-Tracking-System, sodass auch Tech-Liebhaber auf ihre Kosten kommen. Selbst bei der Auswahl der Anbauteile haben wir das Gebrauchsszenario in der Stadt berücksichtigt, um maximale Funktionalität bei geringem Instandhaltungs- und Wartungsaufwand zu garantieren.
Entgegen der Massenindustrie werden unsere Urwahn Bikes regional produziert, wobei wir softwarebasiert auf jeden Nutzer eingehen und die Positionsmaße des Fahrrads an die individuellen Körperbauproportionen anpassen können.
Für-Gründer.de: Wer gehört alles zu eurem Team und wie sind bei euch die Aufgaben verteilt?

Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Die Geschäftsführung von Urwahn Engineering setzt sich aus den Gründern Ramon Thomas und mir (Sebastian Meinecke) zusammen. Als leidenschaftlicher Sportingenieur und Designjunkie mit einer Vorliebe für Formen und Farben wende ich mich verstärkt dem Produktdesign sowie der Produktentwicklung zu und richte darüber hinaus das Marketing, den internationalen Vertrieb und die Produktion aus.
Ramon ist unser Wirtschaftsökonom, der als menschlicher Taschenrechner unsere Finanzen stets ganzheitlich im Blick hat und mich aktiv bei der internationalen Geschäftsfeldentwicklung ergänzt. Unterstützt werden wir durch einen weiteren Mitarbeiter und einigen fahrradaffinen Studenten.
Für-Gründer.de: Ein Fahrrad zu bauen, erfordert eine Menge an Fachwissen und technischem Know-how. Woher habt ihr dieses und was zeichnet euch aus?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Wir sind allesamt leidenschaftliche Fahrradfahrer und binden dieses täglich in unseren Alltag ein. Natürlich wirft sich als Ingenieur irgendwann die Frage auf, inwieweit man das Fahrrad in seinen Bestandteilen und im Sinne des Nutzers noch verbessern kann. Das dafür benötigte Know-how haben wir uns autodidaktisch angeeignet.
Ich gründete bereits während des Studiums eine eigene Manufaktur, die sich die Entwicklung individueller und anwendergerechter Fahrräder speziell für den Stadtgebrauch zum Ziel setzte.
Das so gewonnene, brancheninterne Wissen und das umfangreiche Netzwerk an Lieferanten konnten wir auf Urwahn Engineering übertragen.
Für-Gründer.de: Eurer Website ist zu entnehmen, dass ihr bei eurem Fahrrad großen Wert auf Funktionalität und Performance sowie auf Nachhaltigkeit legt. Beschreibe unseren Lesern doch kurz, wie bei euch konkret der Entwicklungsprozess für ein Urwahnbike aussieht?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Wir nutzen das Vorgehensmodell des Integrated Design Engineering, das sich die Axiome der Humanzentrierung, der Rechnerunterstützung und der Interdisziplinarität zum Ziel setzt. Demzufolge stellen wir den Menschen als Nutzer in das Zentrum unserer Entwicklungen. Dabei berücksichtigen wir nicht nur dessen Bedürfnisse in puncto Funktionalität, Performance und Sicherheit, auch legen wir sehr viel Wert auf ein ästhetisches Design.

Unsere Produktentwicklung selbst ist in vier Phasen strukturiert, die in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Partnern, Lieferanten und Inkubatoren unter ständiger Beobachtung des Zielmarktes bearbeitet werden. Zur Steigerung der Effektivität kommen hierbei zahlreiche rechnerunterstützte Systeme sowie additive Prozesse zum Einsatz.
Da für uns der Mensch sowie auch die Natur als höchstes Gut erachtet werden, haben wir unsere gesamte Wertschöpfungskette in einem ausgewogenen Verhältnis aus Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Diesbezüglich haben wir nahezu alle vor- und nachgelagerten Produktionsprozesse regional aufgestellt und optimiert, um den zukünftigen Produktionsaufwand zu reduzieren.
Für-Gründer.de: Welche Wege wollt ihr gehen, um das Fahrrad zu vermarkten? Wie sieht euer Marketingkonzept aus?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Wir werden unsere Urwahn Bikes zunächst direkt auf dem deutschen und internationalen Markt vertreiben. Zur Reduzierung der potenziellen Markeintrittsbarrieren haben wir bereits während der Vorgründungsphase angefangen unsere Corporate Identity auf- und auszubauen. Dies birgt für uns enorme Vorteile in der weiteren viralen und medialen Vermarktung unserer Produkte, da wir unsere Marke nicht von Grund auf neu bewerben müssen.
Natürlich ist auch die Digitalisierung 4.0 nicht unbeachtet an uns vorbeigezogen. Daher arbeiten wir bereits auf Hochtouren an toolbasierten Marketing- und Kommunikationsstrategien und gar an einer eigenen Softwarelösung, die den Vertrieb deutlich pushen soll.

Für-Gründer.de: Sowohl Marketing wie auch die Entwicklung und Fertigung kosten sicherlich eine Menge Geld. Wie seid ihr bislang finanziert und wie wollt ihr den Produktionsstart finanzieren?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Die Forschung und Entwicklung konnten wir während der Vorgründungsphase durch ein Gründerstipendium namens ego.-Gründungstransfer (EFRE) finanziell absichern. Dies verschaffte uns die Möglichkeit unser neuartiges Rahmenkonzept sehr fokussiert und binnen kurzer Zeit bis zur Marktreife zu führen.
Da wir uns in einem sehr schnelllebigen Markt befinden, war es für uns von großer Bedeutung, schnellstmöglich in das urbane Segment einzusteigen. Demzufolge haben wir bereits frühzeitig nach etwaigen Finanzierungsmöglichkeiten Ausschau gehalten, um lückenlos in die Gründungsphase übergehen zu können.
Im Ergebnis konnten wir weitere Fördermittel (ego.-START – ESF) akquirieren, um die Geschäftsführung während der Early-Stage-Phase finanziell abzusichern. Der bisher größte finanzielle Erfolg bestand jedoch in der Beteiligung der bmp Ventures AG gegen Ende des Jahres 2017. Mit deren Venture Capital und Know-how können wir unsere Produkt- und Geschäftsfeldentwicklung nun sehr effizient und nachhaltig ausrichten.
Für-Gründer.de: Ihr bereitet aktuell auch eine Kickstarter-Kampagne vor. Warum geht ihr diesen Weg der Finanzierung und was versprecht ihr euch konkret davon?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Wir sehen die Crowdfunding Kampagne im März 2018 als ein ideales Finanzierungs- und Marketinginstrument, um unsere Produkte kostengünstig bereits vor dem eigentlichen Produktionsstart international zu bewerben und zu vertreiben. Darüber hinaus treten wir in den Dialog mit der Crowd und können folgend unser Geschäftsmodell und den avisierten Markt sehr effizient validieren.
Ein weiterer Vorteil besteht in der einhergehenden Öffentlichkeitsarbeit, die zum Aufbau unserer Marke beiträgt und sich nachhaltig auf die Liveschaltung unseres eigenen Webshops auswirken wird.

Für-Gründer.de: Ihr seid in den letzten Jahren auch auf zahlreichen Fachmessen wie der Eurobike, der Cycling World oder der Berliner Fahrradschau vertreten gewesen. Was ist eure Erwartung an diese Veranstaltungen, zumal ihr aktuell noch kein Produkt am Markt habt?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering: Wir waren frühzeitig daran interessiert unsere MVPs der breiten Öffentlichkeit auf nationalen und internationalen Messen vorzustellen, um zum einen das so gewonnene Feedback konstruktiv zu verwerten und zum anderen unser Geschäftsmodell samt Zielgruppen aktiv zu validieren. Ein weiterer positiver Nebeneffekt dieser frühzeitigen Positionierung war, dass wir zahlreiche Vertriebskanäle aufbauen und gar erste Vertragsanbahnungen verzeichnen konnten.
Für-Gründer.de: Ihr habt direkt aus der Hochschule gegründet. Wieso dieser Schritt und nicht der „normale Weg“ in einen Konzern mit sicherem Gehalt und festen Strukturen?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering:
Wir erkannten bereits während des Studiums, dass wir gegen den Strom schwammen und uns durch die Umsetzung unserer eigenen Ideen selbst verwirklichen wollten. Daher sahen wir uns in festen und eingefahrenen Strukturen großer Konzerne weniger gut aufgehoben. Nun arbeiten wir Tag und Nacht sowie mit voller Hingabe an der eigenen Weltherrschaft (*lach).
Für-Gründer.de: Sebastian, abschließende Frage: Was sind deine Tipps an andere Gründer, die direkt nach dem Studium in die Selbstständigkeit starten wollen?
Sebastian Meinecke von Urwahn Engineering:
- Verfolgt und fokussiert eure Ideen und lasst euch von Niederschlägen nicht gleich aus der Bahn werfen.
- Lernt aus euren Fehlern und setzt euch klare Ziele.
- Habt einen Blick auf das große Ganze. Sucht euch starke Partner, die euch auf dem Weg zur Selbstständigkeit unterstützen.
- Bringt eine ungeheure Menge Ausdauer und Schaffenskraft zur Umsetzung eurer Ideen mit.
- Lebt und liebt euren Traum!
Für-Gründer.de: Sebastian, vielen Dank für das Gespräch.
Keyfacts zu Urwahn Engineering
- Unser aktuelles Team besteht aus:
- 2 Gründer/Geschäftsführer
- 1 Mitarbeiter
- 3 Bachelor-/Masterranden
- zahlreichen Industrie- & Kooperationspartnern
- Die erste Finanzierung erfolgte durch: Bootstrapping & Fördermittel (ego.-Gründungstransfer – EFRE)
- Inzwischen gab es folgende weiteren Finanzierungen:
- Fördermittel im Oktober 2017 (ego.-START – ESF)
- Early-Stage-Venture Capital im Januar 2018
- Unsere Investoren sind: bmp Ventures AG aus Berlin/Magdeburg
- Investoren finden wir gut weil: wir unsere Produkt- und Geschäftsfeldentwicklung binnen kurzer Zeit aktiv beschleunigen sowie skalieren können
- Besonders geholfen haben uns bisher: unsere Kollegen, Mentoren, Partnerinnen und Freunde
- Besonders wichtig in unserem Arbeitsalltag sind für uns folgende drei:
- Faktoren: Überdurchschnittliches Engagement, Kreativität, Teamgeist
- Tools: Buffer, Dropbox, Google Analytics/Calendar
- Internetseiten: Bikerumor, InVision, Velobiz
Der Beitrag Dieses innovative Fahrrad für den Stadtgebrauch soll 2018 an den Start gehen erschien zuerst auf GründerDaily - Deine tägliche Dosis Unternehmertum.