Ich bin Antonio Vega, 31 Jahre alt und einer der Gründer des Zentralen Fundbüros (alias „Have it Back” für das internationale Publikum). Das Zentrale Fundbüro ist die erste Meta-Suchmaschine für Fundsachen und das größte Online-Fundbüro der Welt. Im GründerDaily berichte ich ab sofort über meine Zeit beim German Accelerator. Im Rahmen des Förderprogramms schrauben elf ausgewählte Start-ups mit Mentoren an ihrem Geschäftsmodell, wobei der Fokus auf dem US-Markt liegt.

Frankfurt Flughafen, One-Way-Ticket nach San Francisco. Ich schaue mir noch eine Folge „Shark Tank”, dem amerikanischen Gegenstück zur Höhle der Löwen, auf dem Tablet an.
Zwei Jahre ist es nun her, dass mein Kindheitsfreund Markus zu mir kam und völlig entnervt war wegen seines verlorenen Rucksacks und den Bemühungen, ihn wieder zu bekommen. Für kurze Zeit sorgte die Arbeitsweise des Frankfurter Fundbüros (,,Wer sucht denn heutzutage schon online?!”) bei uns für Erheiterung – doch dann wurde es ernst und wir gründeten das Zentrale Fundbüro. Seitdem hat sich unser Leben verändert. Wir sind jetzt Gründer. Wir haben unsere Jobs gekündigt. Und ich sitze im Flieger ins Silicon Valley, um wahrscheinlich die nächsten neun Monate am German Accelerator teilzunehmen. Markus begleitet währenddessen die Ausschreibungen in Deutschland.
Der schnellste Weg nach ganz oben
„Was hältst du eigentlich von Gründerwettbewerben?” – „Das können wir ruhig irgendwann mal probieren.”
So in etwa verlief das Gespräch zwischen meinem Kollegen und mir, als unser Start-up ein paar Wochen alt war und wir den Weg in die Öffentlichkeit suchten. Die ersten Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Unsere erste Pressemitteilung schlug sofort ein und zahlreiche bekannte Medien berichteten über das „Google für Lost and Found”. Und mit unserem neu gewonnenen Selbstbewusstsein wollten wir uns auch mit anderen Start-ups messen. Schnell hatten wir uns einen Überblick über die wichtigsten deutschen Businessplan- und Gründerwettbewerbe verschafft (und ja, wir fanden sie auf Für-Gründer.de). Unser erster Wettbewerb war die „AUFSCHWUNG-Messe Frankfurt“, die wir dann direkt im Pitch-Battle für uns entscheiden konnten. Und auch beim zweiten Wettbewerb, dem ProSiebenSat.1 Accelerator, wurde uns ein Platz angeboten. Doch es gab noch einen anderen Wettbewerb, den wir unbedingt gewinnen wollten…

Wer sich mit Inkubatoren und Accelerator-Programmen auskennt, weiß, dass sie sich durch zwei Eigenschaften auszeichnen: Nämlich erstens durch die Tatsache, dass Gründer dabei Equity abtreten müssen und zweitens durch die Ungewissheit, was oder wie viel die Programme letztendlich tatsächlich bringen. Beim German Accelerator informierten wir uns deshalb vorher sehr detailliert. Wir lasen uns die gesamten Teilnahmebedingungen und Programminhalte genau durch, durchstöberten das Netz nach Medienberichten und telefonierten sogar mit ehemaligen Teilnehmern.
Es war eindeutig: Der German Accelerator fordert im Gegensatz zu anderen Programmen keinerlei Geschäftsanteile. Er beansprucht auch kein Mitspracherecht, bietet hochkarätige Mentoren und noch dazu Büroräume in San Francisco und im Silicon Valley (wahlweise auch New York und mittlerweile auch Boston).
Außerdem hilft er strukturiert bei der Anpassung und Einführung des eigenen Produkts auf dem US-Markt und wird durchweg von Alumnis gelobt. Kurzum: Es lohnt sich! Und deshalb wollten wir natürlich unbedingt teilnehmen und gewinnen.
2015 bewarben wir uns mit einem sehr ausführlichen Schreiben. Kurz darauf kam das Go für die nächste Runde. Was folgte, waren zwei etwa einstündige Skype-Interviews, bei denen unser Produkt, Geschäftskonzept, Team etc. beurteilt werden sollte. Ergebnis: Es geht zum Finale nach Berlin!
Ich mache es kurz und schmerzlos: Es hat damals nicht für uns gereicht.
Mit angeknackstem Ego und der Einsicht, dass es für uns wohl doch noch zu früh war, fuhren wir zurück nach Frankfurt.
Aber die Enttäuschung hielt nur kurz an. Stattdessen wurde sie schnell durch den Ehrgeiz ersetzt, im nächsten Jahr zu überzeugen. Wir arbeiteten also weiter an unserem Start-up, gewannen die ersten namhaften Partner und Kunden und erweiterten unser Angebot. Im Oktober 2014 erhielt unser Team dann auch noch Zuwachs: Tobias Freyberg, der somit Dritte im Bunde unseres Gründerteams, trieb von nun an die Datenanalyse und -beschaffung voran. Unter diesen Voraussetzungen wagten wir es, uns noch einmal zu bewerben. Und Überraschung: Diesmal konnten wir uns qualifizieren und im vierten Quartal 2016 tatsächlich teilnehmen!

Die Vorbereitung auf das Silicon Valley
Ein gutes Accelerator-Programm bedarf natürlich auch einer guten Vorbereitung. Vor allem dann, wenn es mit einem mehrmonatigen Aufenthalt in den Staaten einhergeht.
Die erste Entscheidung, die wir treffen mussten: „Wer darf eigentlich in die USA?”
Hier hatte ich letzten Endes die besten Argumente: einen amerikanischen Pass, Flexibilität im Privaten und die Tatsache, dass ich auch mit neun Stunden Zeitverschiebung meine Aufgaben problemlos erledigen könnte. Ich würde also bald erstes Mitglied im „Team USA” sein. Ein gesundes Maß an Aufregung blieb da nicht aus.
Während mein Vater und mein Cousin einfach wissen wollten, ob sie während meiner Abwesenheit in meiner Wohnung Unruhe stiften dürfen, waren meine Mutter und meine Oma ein wenig emotionaler: Es sollte das erste Weihnachten werden, dass ich nicht mit ihnen verbringe. Aber alle wussten, wie wichtig meinen Mitgründern und mir unser Start-up ist. Also unterstützten sie diesen Schritt. Und so flog ich Ende September mit WOWair über den Teich. Inklusive Zwischenstopp in Island.
Die Buchung des Flugtickets war übrigens sehr lustig: „Möchten Sie die Geysire besuchen, ein Auto mieten oder benötigen Sie ein Hotel?” Bei zwei Stunden Aufenthalt war mir das Risiko dann aber doch zu groß, den Weiterflug zu verpassen. Wenigstens hatte der Hinflug nur 350 Euro gekostet und ich war der einzige Teilnehmer, der mit einem One-Way-Ticket in die USA einreisen durfte.

Im Anflug Richtung USA
Neben Büroräumen und Workshops bekommen wir beim German Accelerator auch ein Mentorennetzwerk sowie einen Lead-Mentor zur Seite gestellt. Für uns ist das zu meiner großen Freude Christian Busch. Er arbeitet für den deutschen Software-Konzern SAP in Palo Alto und kommt selbst aus Deutschland. Einige von euch kennen ihn vielleicht aus der Doku “Hightech oder Hölle – Leben im Silicon Valley”, die letztens auf VOX lief (wenn nicht, findet ihr sie hier). In einigen Skype-Telefonaten haben wir ihm schon im Vorhinein viel über unser Business erzählt.
Alle Teilnehmer des German Accelerators bekamen außerdem vor der Abreise noch Tipps für die Wohnungssuche, die Beantragung von Visa und vielem mehr. Dazu gab es Rundmails und einen Workshop in Berlin, bei dem alles durchgesprochen wurde, was noch in Deutschland geklärt werden sollte.
Ich sage „sollte”, denn es gab durchaus Kandidaten, die sich nach der Ankunft in Amerika plötzlich um eine Bleibe kümmern mussten. Und das ist echt nicht lustig.
Spannend wurde es schon in Deutschland bei der Weiterentwicklung unserer Businessmodelle für den US-Markt. Das Zauberakronym: „LLP”. Das steht nicht etwa für „Locker Leicht zur Perfektion”. Schnell wurde klar, dass LLP alles Mögliche wird, aber weiß Gott nicht leicht. Nein, das „LeanLaunchPad” dreht sich rund um den Business Model Canvas, von dem ich bislang immer dachte, dass ich damit vertraut bin. Schon die Vorbereitung für den eigentlichen Kurs bestand aus drei einstündigen Sessions, dazu noch „Hausaufgaben”. Gleichzeitig gab es die Vorwarnung, dass sich das Ganze wahrscheinlich noch drastisch verändern würde. Außerdem fiel erstmals ein Begriff, der sich wie ein roter Faden durch das gesamte Programm ziehen würde: „Focus, focus, focus”. Wir Teilnehmer wurden allesamt gezwungen, unseren Kunden- und Nutzerkreis zu spezifizieren. Das hatten die meisten von uns bisher noch nicht ausführlich genug getan. Nach der Übung dachten wir naiverweise, wir hätten es genau auf den Punkt gebracht. Doch wie sich später herausstellten sollte, bekamen wir die Aufgabe, unsere Kundengruppen mit der Zeit noch weiter zu spezialisieren.
Was ganz anderes: Wer von euch kennt die Serie „Silicon Valley“? Mein Lead-Mentor Christian bestand darauf, dass ich diese Show gesehen haben muss, ehe ich zu meiner Reise in die USA aufbreche. Es sei zwar ein wenig übertrieben, gebe aber insgesamt einen guten Überblick, wie die Menschen in der Gegend tickten. Ein Aspekt, der bei mir hängen blieb:
Jeder im Silicon Valley arbeitet mit oder an einem Start-up.
Trotz dieser „Warnung” bin ich ein wenig überrascht, als ich im Flugzeug mit meiner Sitznachbarin ins Gespräch komme. Sie arbeitet in einem jungen Unternehmen, das im Logistikbereich tätig ist und sich um Transaktionen zwischen den USA und China kümmert. Innerhalb kürzester Zeit haben wir unsere Profile auf LinkedIn connected und unsere Kontaktdaten ausgetauscht.
Nach gefühlten 200 Stunden setzt das Flugzeug endlich zum Landeanflug an. Was mich da unten erwartet? Keine Ahnung. Aber ich werde euch auch davon berichten! Also bleibt dran.
Der Beitrag Frankfurter Start-up goes Silicon Valley: „So haben wir’s geschafft“ [Teil 1] erschien zuerst auf GründerDaily - Deine tägliche Dosis Unternehmertum.