Selbstständige, die auch privat mit dem Firmenwagen unterwegs sind, müssen für das Finanzamt ein Fahrtenbuch führen. Doch welche Möglichkeiten der Führung eines Fahrtenbuchs gibt es? Ist eine handschriftliche Führung, die Führung per App oder gar die Anwendung der 1 % Regelung ohne Führung des Fahrtenbuchs besser? Steuerberater Andreas Reichert von felix1.de verrät uns mehr!
Für-Gründer.de: Hallo Herr Reichert, beim Stichwort Firmenwagen fällt auch schnell das Schlagwort Fahrtenbuch. Warum muss ein Selbstständiger ein Fahrtenbuch führen?
Andreas Reichert von felix1.de: Es muss gar nicht jeder Selbstständige ein Fahrtenbuch führen. Nur wenn der Pkw auch privat genutzt wird, kommt ein Fahrtenbuch in Spiel. Damit weist der Selbstständige nach, wie viele Kilometer das Fahrzeug betrieblich und wie viele Kilometer privat genutzt wird. Die privat gefahrenen Kilometer sind dann als Betriebseinnahme zu erfassen.
Für-Gründer.de: Alternativ zum Fahrtenbuch kann auch die 1 % Regelung genutzt werden, wo liegen die Vor- und Nachteile?
Andreas Reichert von felix1.de: Das ist richtig. Wenn kein Fahrtenbuch geführt wird und der Pkw auch privat genutzt wird, wendet man die 1 % Regelung an. Das bedeutet, ein Prozent des Bruttolistenneupreises des Pkw wird monatlich als Wert angesetzt, den der Selbstständige als Betriebseinnahme besteuern muss. Der größte Vorteil ist natürlich, dass kein Fahrtenbuch geführt werden muss. Denn das ist ziemlich zeitaufwendig.
Oft ist aber die 1 % Regelung steuerlich ungünstiger als das Führen eines Fahrtenbuchs. Hier sollte immer nachgerechnet werden. Je weniger ein betrieblicher Pkw privat genutzt wird, umso ungünstiger ist die 1 % Regelung.
Außerdem wird immer ein Prozent vom Neupreis des Pkw versteuert. Selbst dann, wenn der Pkw schon etwas älter ist oder sogar gebraucht angeschafft wurde.
Übrigens: Wird der Pkw zu weniger als 50 % betrieblich genutzt, muss immer ein Fahrtenbuch geführt werden, denn die 1 % Regelung darf dann nicht angewendet werden.

Für-Gründer.de: Wenn die Wahl auf das Fahrtenbuch gefallen ist, was muss dann im Fahrtenbuch im Detail dokumentiert werden?
Andreas Reichert von felix1.de: Jede Fahrt muss einzeln erfasst werden. Das bedeutet, für jede Fahrt müssen:
- der Start- und der Zielort angegeben werden,
- zusätzlich das Datum und
- der Grund der Fahrt – also zum Beispiel welcher Kunde besucht wurde.
- Dann muss noch der Kilometerstand des Fahrzeuges am Anfang und am Ende der Fahrt dokumentiert werden.
- Als letzter Punkt wird noch angegeben, ob die Fahrt betrieblich oder privat war.
Bei privaten Fahrten müssen nur die Kilometerstände erfasst werden. Sowohl der Grund der Fahrt als auch die aufgesuchten Orte brauchen und sollten nicht angeben werden, denn schließlich geht es das Finanzamt nichts an, wohin jemand in seiner Freizeit fährt.
Für-Gründer.de: Was ist außerdem bei der Erstellung des Fahrtenbuchs zu beachten?
Andreas Reichert von felix1.de: Das Wichtigste ist, dass das Fahrtenbuch vollständig und zeitnah geführt wird. Die Finanzämter suchen nach Lücken und Unstimmigkeiten im Fahrtenbuch. Das Finanzamt vergleicht auch andere Rechnungen und Belege mit dem Fahrtenbuch. Tankbelege müssen etwa mit den Orten im Fahrtenbuch übereinstimmen. Wird das Finanzamt fündig, verwirft es das Fahrtenbuch und wendet die 1 % Regelung an.
Ganz wichtig ist: Das Fahrtenbuch muss zeitnah geführt werden – also sofort im Auto. Auch das versucht das Finanzamt zu prüfen. Ein Fahrtenbuch, welches am Schreibtisch geschrieben wurde, sieht nämlich viel ordentlicher aus als eines, was im Auto geschrieben wurde.
Für-Gründer.de: Wie immer im Steuerrecht gibt es doch bestimmt auch Ausnahmen beim Fahrtenbuch, oder?
Andreas Reichert von felix1.de: Hier muss ich Sie leider enttäuschen. Leider gibt es zum Fahrtenbuch keine praktikable Alternative.
Für-Gründer.de: Wie können Unternehmer ein Fahrtenbuch führen: muss es handschriftlich sein, reicht auch eine Excel-Liste oder gibt es gar eine Fahrtenbuch-App?
Andreas Reichert von felix1.de: Handschriftlich ist zwar üblich, aber dies ist nicht die einzige Möglichkeit. Elektronische Fahrtenbücher sind auf dem Vormarsch. Es gibt mittlerweile elektronische Fahrtenbücher, die fest verbaut sind. Dann gibt es solche, die an der Bordsteckdose oder der Servicesteckdose des Autos angeschlossen werden. Die günstigste Möglichkeit ist aber eine Fahrtenbuch-App. Teilweise sind diese sogar kostenlos.
Übrigens: Excel geht gar nicht. Fahrtenbücher dürfen nicht nachträglich änderbar sein – und das geht mit Excel schließlich problemlos. Außerdem muss ein Fahrtenbuch in Papierform immer gebunden sein. Wer also Excel ausdruckt, hat immer noch kein ordentliches Fahrtenbuch.

Für-Gründer.de: Worauf müssen Selbstständige achten, die ein elektronisches Fahrtenbuch führen wollen?
Andreas Reichert von felix1.de: Das Wichtigste ist, dass das Fahrtenbuch mit dem Finanzamt konform ist. Bei den Fahrtenbuch-Apps weiß der Fahrer jedoch oftmals nicht, welche wirklich die strengen Anforderungen an Finanzamtskonformität erfüllen. Auf die Angaben der Anbieter kann man sich nicht unbedingt verlassen.
Viele behaupten zwar, das Finanzamt erkenne ihre App an, oft schließen sie es dann aber sogar in ihren Geschäftsbedingungen wieder aus.
Wichtig ist auch, dass die Apps richtig bedient werden. Denn selbst wenn eine App alle Anforderungen erfüllt, kann durch eine fehlerhafte Bedienung jede App unzulässig werden. Wir haben deshalb die gängigsten Fahrtenbuch-Apps in einer Studie getestet.
Für-Gründer.de: Sie haben verschiedene Anbieter für das elektronische Fahrtenbuch geprüft. Wie unterscheiden sich die Programme?
Andreas Reichert von felix1.de: Der größte Unterschied liegt im Funktionsumfang. Einige Apps können nämlich nicht mehrere Fahrer oder mehrere Fahrzeuge verwalten. Wer diese Funktion braucht, sollte vorher genau hinschauen, ob die App das bietet und wie sich der Hersteller das genau vorstellt. Denn ein besonders großes Problem haben fast alle Apps damit, wenn mehrere Fahrer ein Fahrzeug nutzen. Dann müssen nämlich die Daten des Fahrtenbuchs von einem Smartphone auf ein anderes geschoben werden. Hier sollte die App eine ordentliche Schnittstelle anbieten.
Besonders wichtig ist auch, dass die App Auswertungen bietet. Das bedeutet, die App muss die erfassten betrieblichen und privaten Fahrten als Statistik oder Auswertung ausgeben können. Nur so spart man mit der App auch tatsächlich Zeit. Leider konnten zwei der zehn von uns getesteten App das nicht.
Für-Gründer.de: Und wie lautet Ihre Empfehlung für das elektronische Fahrtenbuch?
Andreas Reichert von felix1.de: Wir haben zwei Testsieger.
Für Android ist es das Fahrtenbuch Pro und für iOS Driverslog Pro. Diese Apps konnten die besten Ergebnisse erzielen.
Allerdings muss hier jeder selbst entscheiden, ob ein elektronisches Fahrtenbuch sinnvoll für ihn ist. Wer mehrere Fahrzeuge nutzt und viele verschiedene Fahrer hat, ist mit dem handschriftlichen Fahrtenbuch eventuell besser bedient.

Für-Gründer.de: Was sind abschließend Ihre vier wichtigsten Tipps zum Thema Firmenwagen und Fahrtenbuch?
Andreas Reichert von felix1.de:
- Wer ein elektronisches Fahrtenbuch nutzen möchte, sollte sich vorher ausgiebig mit den Funktionen des Fahrtenbuchs beschäftigen. In der Anfangsphase ist es ratsam, das handschriftliche Fahrtenbuch parallel weiterzuführen.
- Wenn Sie ein Fahrtenbuch führen, müssen nachträgliche Änderungen immer sichtbar bleiben. Bei handschriftlichen Fahrtenbüchern bedeutet das: Streichen Sie fehlerhafte Einträge ordentlich durch. Nutzen Sie kein TippEx oder Ähnliches. Bei elektronischen Fahrtenbüchern muss das Fahrtenbuch in der Lage sein, solche Änderungen ordentlich zu dokumentieren. Oft streicht die App geänderte Datensätze auch einfach durch und schreibt einen neuen Datensatz.
- Prüfen Sie zumindest am Anfang, ob die 1 % Regel oder die Fahrtenbuchmethode die günstigere Methode ist. Führen Sie deshalb im ersten Jahr auf jeden Fall ein Fahrtenbuch.
- Das Finanzamt unterstellt jedem Unternehmer, dass er das betriebliche Fahrzeug auch privat nutzt. Der Unternehmer muss das Gegenteil beweisen. Ein Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten erfasst werden, ist solch ein Beweis.
Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Interview und die Praxistipps zum Fahrtenbuch.
- Die Studie „Fahrtenbuch-Apps im Test“ kann hier kostenfrei heruntergeladen werden.
Der Beitrag Fahrtenbuch per App führen? Möglich, aber Achtung! erschien zuerst auf GründerDaily - Deine tägliche Dosis Unternehmertum.