Mit der Vorbereitung und Führung von Bankgesprächen tun sich Gründer, aber auch gestandene Unternehmer schwer. Gerade in Zeiten des Crowdinvestings stellt sich die Frage, ob Verhandlungen mit der Bank noch von Bedeutung sind und welche Maßnahmen und Tipps der erfahrene Finanzierungsberater Dipl.-Kfm. Dr. Stefan Borchert potentiellen Kreditnehmern geben kann.
Für-Gründer.de: Hallo Herr Dr. Borchert! Als Unternehmercoach beraten Sie Existenzgründer und etablierte Unternehmen bei betriebswirtschaftlichen Fragen insbesondere zur Unternehmensfinanzierung. Wo bestehen Ihrer Meinung nach die größten Probleme in der Vorbereitung und Verhandlung einer geschäftlichen Finanzierung mit der Hausbank?
Dr. Stefan Borchert: Das Bankgespräch ist der Dreh- und Angelpunkt, um die Finanzierung eines Geschäftsvorhabens auf den Weg zu bringen. Regelmäßig kommen ohne ein erfolgreich absolviertes Bankgespräch weder Existenzgründer noch etablierte Unternehmer an die benötigten Kredite bzw. Förderkredite, um durchstarten zu können. Dennoch unterschätzen die Kreditnachfrager den Grundsatz, dass ohne gute Vorbereitung ein Bankgespräch nicht zum gewünschten Ergebnis, sprich Darlehen führt.
Anzeichen einer fehlenden Vorbereitung sind eine fehlende Abstimmung des Termins mit dem zuständigen Firmen- oder Geschäftskundenbetreuer der Hausbank, oder keine bzw. unvollständige oder veraltete Geschäftsunterlagen, häufig sogar verspätet, die zur Verfügung gestellt werden. Ebenfalls ist die Kommunikation mit der Bank häufig unprofessionell und wird gerade von etablierten Unternehmern zum Teil emotional statt sachlich geführt.
Viele Unternehmer gehen mit dem Verständnis zur Bank, dass sie eigentlich Wichtigeres zu tun hätten, als der Bank für die Gewährung von Darlehen die aktuellen betriebswirtschaftlichen Zahlen zu erläutern. Dabei stellt das Bankgespräch die finanziellen Weichen für die Zukunft, weswegen die Mitarbeiter der Hausbank als wichtige Gesprächspartner im Status eines Hauptlieferanten für liquide Mittel angesehen werden sollten.
Eine ehrliche, sachliche und auf Fakten basierende Konversation auch in kritischen Unternehmenssituationen ist erste Pflicht des Kreditnachfragers. Unangenehme Fragen z.B. zur Person oder zur vermuteten Unternehmensnachfolge sollten den Unternehmer nicht aus der Ruhe bringen. Schließlich ist die Bank als Darlehensgeber schon gesetzlich verpflichtet, sich regelmäßig ein aktuelles Bild vom darlehensnehmenden Unternehmen und seinen geschäftsführenden Inhabern zu machen.

Dr. Stefan Borchert ist bereits langjährig als Gründer- und Unternehmensberater tätig
Für-Gründer.de: …und wie sieht es in der Gründungsfinanzierung aus? Wo liegen da die größten Stolpersteine vor dem oder im Bankgespräch direkt?
Dr. Stefan Borchert: Gründer sollten sich zunächst bei ihrer Hausbank erkundigen, ob diese überhaupt Gründungs- und Unternehmensfinanzierungen anbietet. Es kann nämlich vorkommen, dass Gründer ihre bisherige Bankverbindung wechseln müssen, weil sie bislang bei einer Bank sind, die zwar on- wie offline günstige Gehaltskonten führt, jedoch keine gewerblichen Kredite bzw. Förderkredite vergibt. Sofern die vorhandene Hausbank jedoch solche gewerblichen Finanzierungen durchführt, sollten Gründer klären, welche Abteilung bzw. welcher Sachbearbeiter für ihr geschäftliches Vorhaben zuständig ist.
Größere Banken und Sparkassen haben Firmenkundenbetreuer, die nach Branchen oder auf Gründungsfinanzierungen spezialisiert sind, und die bereits Dutzende ähnlicher Gründungskonzepte vorgelegt bekommen haben. Auch kann es sein, dass das Gespräch gar nicht in der bekannten Filiale, sondern in der Hauptstelle der Bank an einem anderen Ort stattfindet. Diese Punkte lassen sich von Gründer aber durch ein oder zwei Telefonate mit der zukünftigen Hausbank herausfinden und so das Gespräch professionell vereinbaren.
Im Gespräch sollte der Gründer gepflegt und authentisch erscheinen, sich beispielsweise nicht durch geliehene Anzüge und Krawatten verstellen, wenn er solche sonst nicht trägt. Ferner sollte er die Eckpunkte seines Konzeptes frei erläutern und die wesentlichen Planzahlen erklären können. Auch sollte er oder sie sich mit den Finanzierungsalternativen wie andere Förderkredite auskennen und Informationen zur eigenen Finanzsituation, sprich Einkommen, Vermögen und Schulden, vorbereitet haben.
Gründer sowie Unternehmer sollten auch nicht als Bittsteller zur Bank gehen, welcher jetzt unbedingt diesen Kredit bekommen muss. Vielmehr sollten sie durch souveränes Auftreten und Argumentieren den Banker von dem Geschäftskonzept und dessen Kapitalbedarf überzeugen.
Wenn ein Unternehmensberater mitgenommen wird, sollte dieser sich im Hintergrund halten und den Gründer das Konzept erläutern lassen. Schließlich ist es, wie bereits erwähnt, das Konzept des Gründers und nicht des Beraters. Erfahrene Berater handeln entsprechend und greifen von sich aus nur in das Gespräch ein, wenn der Gründer auf dem Schlauch steht oder der Bankmitarbeiter versucht, ungünstige Vereinbarungen mit dem noch unerfahrenen Gründer zu treffen.
Für-Gründer.de: Welche Bedeutung für die Unternehmensfinanzierung hat ein Gespräch bei der Hausbank heute überhaupt noch in Zeiten der Online-Kreditantragstellung und des Crowdinvesting?
Dr. Stefan Borchert: In der Tat greife auch ich schon mal als Kooperationspartner auf die Online-Antragsstellung bei der Grenke-Bank für den ERP-Gründungskredit Startgeld der KfW zurück. In solchen Fällen entfällt zwar das persönliche Bankgespräch des Gründers bei der Bank, jedoch hat sich der Berater ein entsprechend fundiertes Bild vom Gründer und von seinem Geschäftsvorhaben zu machen und dieses im Business- und Finanzplan für das Spezialkreditinstitut nachvollziehbar aufzubereiten. Eine solche Art der Online-Kreditantragsstellung gibt es bundesweit derzeit nur für das Startgeld der KfW, was zwar ein wichtiges, aber gerade bei größeren Gründungsvorhaben und bei einer Mehrzahl von Gesellschaftern online nicht einsetzbares Förderkreditprogramm darstellt.
Nach wie vor bleibt es beim Hausbankenverfahren und damit beim obligatorischen Bankgespräch für alle größeren Förderkredite und Spezialfinanzierungen sowie für die Vereinbarung von bankeigenen gewerblichen Finanzierungen und von Kontokorrentkrediten.
Vor diesem Hintergrund stellt die Fremdfinanzierung durch viele persönlich unbekannte Kreditgeber über Finanzierungsplattformen aus dem Internet, das Crowdinvesting, eine Alternative zur einseitigen Hausbanken-Finanzierung dar. Damit entfällt zwar das Bankgespräch mit seinen Vorarbeiten, jedoch treten an dessen Stelle die mehrwöchigen Kommunikationsmaßnahmen für die Einrichtung einer Präsentation des Vorhabens auf der Finanzierungsplattform, das intensive Online-Bewerben im Internet sowie der entsprechende Verwaltungsaufwand. Hier sollten sich Gründer mit überschaubarem Finanzierungsbedarf überlegen, ob die Vorbereitungen eines Bankgesprächs durch sie nicht einfacher zu bewerkstelligen sind.
Erfahren Sie auf der nächsten Seite wie das Bankgespräch vorbereitet werden sollte, was gegen Lampenfieber hilft und fünf weitere Tipps zur Meisterung des Bankgesprächs.