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Blockchain und Präsidentschaftskandidat – ein Erfolgsrezept?

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Seit einiger Zeit ist sie in aller Munde: die Blockchain. Sie wird oft als bahnbrechend bezeichnet, als sogenannte „disruptive technology“. Welche konkreten Probleme mit dieser Technologie jedoch angegangen werden können, wissen viele nicht. Marcel Kuhs, Gründer und CEO der AZHOS AG, stellt in dieser Gründerstory vor, wie sein Unternehmen die Technologie nutzt, um gebundenes Kapital freizusetzen.

GründerDaily: Hallo Marcel, kannst du uns kurz erklären, welche Problematik AZHOS konkret angeht?

Marcel von Azhos: Lieferanten der chemischen beziehungsweise Prozessindustrie haben oft lange Zahlungsziele und daher hohe Summen an gebundenem Kapital. Möchte ein Unternehmen diese Liquidität nun erhöhen, bleibt nur die Möglichkeit von Krediten, die aber keinen signifikanten Vorteil bringen. Es geht nicht um die Aufnahme von Krediten, sondern um eine Auflösung der Forderungen und der DIO [„Days Inventory Outstanding“ – gibt an, wie lange Güter bis zum Verkauf in Lagern gebunden sind. Anm. d. Red.].

Azhos; Marcel Kuhs
Nur wenn Entscheidungsträger die Vorteile disruptiver Technologien wie der Blockchain verstehen, kann es zu einem tatsächlichen Fortschritt kommen. Das betreffe auch rechtliche Rahmen, so Marcel Kuhs. (Foto: Azhos)

Speziell im Falle von Schüttgütern fällt eine Finanzierung aber schwer, wenn die Güter beziehungsweise deren Entnahme nicht quantifiziert werden können. Banken wiederum würden diese Güter gerne finanzieren, wenn sie über entsprechende Daten verfügten.

GründerDaily: Wie löst ihr diese Problematik?

Marcel von Azhos: Die installierten Radarsensoren messen die Füllstände und speichern diese auf der Blockchain. Dieser Proof of Existence ermöglicht es Unternehmen, ihr gebundenes Kapital zu befreien, da Banken solche Güter nun finanzieren können. AZHOS automatisiert diese Zahlungen für Güter in Tanks und Silos der Chemie-, Agrar- und Mineralölindustrie mittels sogenannter Smart Contracts. Jede Warenentnahme initiiert eine sofortige Zahlung.

  • Im Zuge des AZHOS Supply Chain Innovation Day in Frankfurt stellte Marcel Kuhs die Idee hinter Azhos nochmals vor.

Dies funktioniert, indem die Signale die bereits erwähnten Smart Contracts aktivieren, welche basierend auf Preis und Entnahmemenge eine Zahlung ausführen. Diese Zahlungen finden dabei nicht mit Crypto-Währungen statt, sondern mit Euro auf der Blockchain. Ein wichtiger Punkt, da Bitcoin oder andere Cryptowährungen für Unternehmen nicht praktikabel sind. Sie sind zu volatil, nicht buchbar in den Bilanzen und wenn nur über Umwege eines Verkaufs auf Exchanges. Wir haben die Möglichkeit, echtes Geld auf der Blockchain zu transferieren, ohne Escrow Account oder ähnlichem. Das ist deshalb ziemlich aufregend, weil es programmierbares Geld ist. Transfers können automatisiert an Bedingungen geknüpft werden. Das ist in dieser Form einmalig.

GründerDaily: Der Begriff Blockchain ist nach wie vor in aller Munde, auch für AZHOS ist die Technologie zentral. Ihr arbeitet mit einer geschlossenen Chain. Was heißt das und welche Vorteile bringt diese im Vergleich zu einer public Chain?

Marcel von Azhos: Das sind vor allem die bekannten Vorteile:

  1. Skalierung, sprich die Anzahl der Transaktionen pro Sekunde sind höher
  2. Ein geschlossenes Netzwerk, damit nur Parteien aus der Industrie teilnehmen können. Das ist auch wichtig für die Privacy der Daten.
  3. keine Transaktionsgebühren

Es gibt noch weitere Vorteile. Allerdings ist es dennoch essentiell, die Nodes entsprechend in unserem Netzwerk zu verteilen. Sprich sowohl Kunden als auch Lieferanten müssen die Änderungen der Füllstände validieren, um einen Proof of Existence zu generieren.

Ansonsten könnten wir auch auf einer zentralen Datenbank arbeiten.

Nur dann, wenn es einen Grund gibt, die Kontrolle von bestimmten Daten nicht einer einzelnen Partei zu überlassen, macht der Einsatz von Blockchain überhaupt Sinn.

Ginge es ausschließlich um den Automatisierungsaspekt durch Smart Contracts, ließe sich dies heute schon in den allermeisten Fällen auf zentralen Datenbanken abbilden. Automatisierung in der Prozessindustrie ist ja schließlich kein neuer Hut.

GründerDaily: Ihr konzentriert euch derzeit auf die chemische Industrie. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?

Marcel von Azhos: In der chemischen Industrie sind wir zu Hause. Wir verfügen hier bereits über 6.000 Datenpunkte. Die Infrastruktur ist seit fast 20 Jahren im Einsatz. Wir befinden uns also in einer sehr guten Ausgangssituation, weil wir auf bestehende Systeme aufbauen.

GründerDaily: Um den Bestand der relevanten Waren automatisiert erfassen zu können, müssen Lager, beispielsweise Silos – mit den nötigen Sensoren ausgestattet sein. Ist mangelnde Infrastruktur ein Problem für euch?

Marcel von Azhos: Nein. Wenn keine Datenquelle vorhanden ist, dann ist es vor allem ein Problem für den Lieferanten. Das bedeutet, wo noch keine Sensorik vorhanden ist, wird eben welche verbaut, wenn der Lieferant diese Technologie nutzen möchte.

GründerDaily: Welche anderen Hürden haben sich euch bislang gestellt?

Marcel von Azhos: Rechtliche. Technisch ist alles klar und gut zu erarbeiten. Wir haben bisher jede Deadline eingehalten und sind innerhalb des Budgets geblieben. Was den Prozess dann verlangsamt, sind Fragen wie Compliance und rechtliche Rahmenbedingungen.

Gerade im Bereich Blockchain gibt es selten eine Blaupause und viele haben nur ein abstraktes Verständnis von dieser Technologie.

Also muss man schrittweise erst den Wissensstand auf einen Level bringen, um dann eine rechtliche Prüfung zu starten.

GründerDaily: John McAfee ist Lead Security Advisor bei AZHOS. Außerdem kandidiert er bei der US-amerikanischen Präsidentschaftswahl 2020. Wie kam es zu dieser Kooperation?
Marcel von Azhos: Die John-McAfee-Frage kommt häufig. Die Story: Wir haben unsere Arbeit mit AZHOS Ende 2017 begonnen. Geringes Budget, aber mit einem zwanzigjährigen Unternehmen, das einen Prototyp bauen konnte. Also dachte ich, wir brauchen eine Person mit Kenntnissen über Blockchain und genügend Reichweite, um unser Projekt der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Also schrieb ich John mehr als 20 Nachrichten auf Twitter und fragte ihn, ob ich die Chance bekomme, ihm unsere Lösung zu zeigen. Schließlich rief er mich an und nach nur 15 Minuten Gespräch lud er mich ein, ihn zu besuchen!

Der Plan einen ICO zu machen und das Geld für die Projektfinanzierung zu verwenden wurde zu meiner Überraschung von John McAfee gekippt, weil er der Meinung war, dass ein Token in diesem Anwendungsfall keinen Sinn ergebe. Stattdessen gab er mir den Rat, zuerst mit einem Industriepartner einen POC zu machen und dann klassische Finanzierungsinstrumente zu nutzen. John unterstützte uns bisher mit seinem Netzwerk an Entwicklern und Technikern, die unter anderem unsere Codes auditieren.

Es steht mir nicht zu, seine privaten Unternehmungen, Vergnügungen und sein Image über soziale Medien zu bewerten, weil es uns nicht betrifft. Insofern kann ich auch nichts zur POTUS 2020 Kampagne sagen. Was uns betrifft:  John hat sehr viel Leistung in die Auditierung und Unterstützung bei der Konzeption gesteckt. Laut eigener Aussage mehr als in jedes andere Projekt seit seiner nach ihm benannten Anti Virus Software.

GründerDaily: Stichwort Finanzierung: In den letzten Jahren wurden ICOs bei Start-ups immer beliebter, sie sind aber auch ein wenig in Verruf geraten. Kannst du uns kurz erklären, was ein STO von einem ICO unterscheidet und weshalb ihr euch für ersteres entschieden habt?

Marcel von Azhos: Ein STO ist eine Form eines ICOs. Der Unterschied liegt in der Klassifizierung dessen, was emittiert wird. Handelte es sich bei den bekannten ICOs um unregulierte Emissionen von Token, die eine gewisse Funktion in dem jeweiligen Projekt hatten, so versucht man mit STOs klassische Wertpapierinstrumente zu tokenisieren und reguliert auf den Markt zu geben. Es soll Anlegern mehr Sicherheit geben. Tatsächlich gibt es aber den Emittenten mehr Sicherheit, da sie einen rechtlichen Rahmen haben, in dem sie operieren.

Ich warne davor, blind in sogenannte STOs zu investieren, ohne diese genauer zu prüfen.

Der Begriff „STO“ ist erst mal nicht geschützt und kann grundsätzlich von jedem genutzt und auch missbraucht werden. Es ist immer zu prüfen, ob es von einer Finanzmarktaufsicht beziehungsweise einer Regulierungsbehörde zugelassen wurde. Existiert ein Wertpapierprospekt? Ist dieses bewilligt worden und von wem? Das sind Dinge, die man vorher prüfen sollte.

Azhos
Die Bezeichung STO ist nicht geschützt – und könne deshalb leicht missbraucht werden, sagt Azhos-CEO Marcel Kuhs und rät ausdrücklich von unüberlegten Investments ab. (Foto: Azhos)

Was unseren STO betrifft, so ist es für uns ein zeitgemäßes Konstrukt zur Finanzierung des Projekts. Wir arbeiten auf Blockchain Basis und es ermöglicht eine vereinfachte und automatisierte Abwicklung der Käufe und der etwaigen Dividenden beziehungsweise Ausschüttungen an die Wallets der Käufer.

GründerDaily: AZHOS hat seinen Sitz in Liechtenstein. Warum?

Marcel von Azhos: Weil die bürokratischen Wege wesentlich kürzer und moderner sind als in Deutschland. Das ist natürlich auch der geringen Einwohnerzahl des Fürstentums geschuldet. Gleichwohl ist man dort sehr bestrebt, sich als technologischer Vorreiter zu etablieren und aus bisheriger Erfahrung kann ich das nur bestätigen. Mit dem Blockchain Act hat Liechtenstein ein wichtiges Zeichen gesetzt.

GründerDaily: Wie sieht die nahe Zukunft bei euch aus? Was wollt ihr in den nächsten zwei bis drei Jahren erreichen?

Marcel von Azhos: Die nahe Zukunft sieht vor, die erste Finanzierungsrunde abzuschließen, um mehr Entwickler zu beschäftigen. Um die bereits vorhandenen Datenpunkte alle für unser System zu nutzen, müssen wir stark wachsen. Gleichzeitig nutzen wir die Gelder aus dem STO, um die Zahl der Datenpunkte stark zu erhöhen, insbesondere im asiatischen Raum. In drei Jahren wollen wir der führende Dienstleister sein.

GründerDaily: Danke, Marcel, für diese Einblicke. Wir drücken die Daumen, dass ihr eure Ziele erreicht.

Keyfacts über Azhos AG

  • Gegründet im Jahr: 2018
  • Firmensitz in: Vaduz, Liechtenstein
  • Unser aktuelles Team besteht aus: Marcel Kuhs (CEO), Mathias Baer (CTO), Dr. Silvio Stephan (CIO), Achim Rudolf (Chairman Board), István Cocron, Dr. Julio Faura, Prof. Dr. Philipp Sandner, Andreas Nigg, Sebastian Zintl, Tony Oehm,
  • Die erste Finanzierung erfolgte durch/über: Eigenfinanziert
  • Besonders geholfen haben mir/uns bisher: Partner der chemischen Industrie, Orbit Logistics AG, micobo GmbH, Satoshi Nakamoto
  • Besonders wichtig im Arbeitsalltag sind für mich/ uns folgende:
    • Tools: Slack, Telegram, Calendly

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