Wählt man den Weg in die Selbstständigkeit, kann eine Finanzspritze durch den Gründungszuschuss ein wahrer Segen sein. Mittlerweile wird dieser Zuschuss allerdings selten durch die Agentur für Arbeit bewilligt. Viele Ablehnungsbescheide sind allerdings unbegründet. Wir sprachen mit einer Gründerin und Ihrem Anwalt und Gründercoach Sandeep Chhatwal aus Köln darüber, was beim Antrag auf den Gründungszuschuss zu beachten ist.
Um die Erfolgschancen auf den Gründungszuschuss zu erhöhen, gilt es schon im Vorfeld einige Dinge zu beachten. Und auch wenn die Behörde den Antrag ablehnt, sollte man die Flinte noch nicht ins Korn werfen, wie auch der nachfolgende Fall zeigt.
Für-Gründer.de: Hallo Frau Brandt*, Sie haben sich selbstständig gemacht und auch den Gründungszuschuss erhalten. Dabei hat Sie Herr Chhatwal begleitet. Erzählen Sie uns doch bitte zunächst, womit Sie sich selbstständig gemacht haben und wie Ihr Vorhaben bei Ihrem Sachbearbeiter bei der Agentur für Arbeit aufgenommen wurde.
Frau Brandt: Ich bin Allgemeinmedizinerin, nun selbstständige Ärztin und arbeite auf Honorarbasis.
Die Sachbearbeiterin wollte mir ursprünglich gar nicht erst den Antrag für den Gründungszuschuss aushändigen. Ihre Begründung lautete, dass Akademiker einen Bankkredit ohne Probleme bekämen.
Da Herr Chhatwal mich im Vorhinein bereits auf eine mögliche Verweigerung der Aushändigung des Antrages seitens der Sachbearbeiterin hingewiesen hatte, teilte ich dieser mit, dass ich einen Rechtsanspruch auf die Aushändigung habe. Daraufhin händigte sie mir den Antrag aus und teilte mir mit, dass ich ohnehin keinen Gründungszuschuss erhalten würde.
Für-Gründer.de: Was mussten Sie bei Ihrem Antrag auf den Gründungszuschuss vorlegen?
Frau Brandt: Ich habe eine Vorgründungsberatung im Rahmen des Beratungsprogramms Wirtschaft bei Herrn Chhatwal gemacht und mit ihm gemeinsam einen Businessplan erstellt. Darüber hinaus musste ich den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses, die Tragfähigkeitsbescheinigung, die Bestätigung des Finanzamts über meine Anmeldung als freiberufliche Ärztin und Unterlagen sowie Zeugnisse zu meiner beruflichen Qualifikation einreichen.

Jeder Euro zählt beim Start: Erfolgschancen auf den Gründungszuschuss erhöhen (© N Media – fotolia)
Für-Gründer.de: Lief dann alles reibungslos durch oder gab es weitere Hürden?
Frau Brandt: Nein, es lief leider nicht alles nach Plan. Mein Antrag wurde zunächst mit einem Ablehnungsbescheid Anfang März 2013 mit der Begründung abgelehnt, dass ausreichend Stellen auf dem Markt für Leute mit meiner Qualifikation vorhanden seien.
Für-Gründer.de: Wie hat Herr Chhatwal Sie dann im Detail unterstützt?
Frau Brandt: Herr Chhatwal hat gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch eingelegt und Akteneinsicht beantragt. Anfang April wurde die Akte an Herrn Chhatwal übersandt. Mitte April 2013 begründete Herr Chhatwal den Widerspruch nach Akteneinsicht. Mitte Juni erhielt ich einen Abhilfebescheid gegen den eingelegten Widerspruch. Dies bedeutet, dass mein Antrag auf Gewährung des Gründungszuschusses erfolgreich war. Ich habe den gesamten Gründungszuschuss in Höhe von 10.500,00 € auf einen Schlag ausgezahlt bekommen.
Für-Gründer.de: Wie würden Sie insgesamt Ihren Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit bewerten?
Frau Brandt:
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Agentur für Arbeit in Köln mir an allen ihr möglichen Stellen Steine in den Weg gelegt hat. Meine Sachbearbeiterin hatte mir, wie vorhin erwähnt, keine Hoffnungen gemacht und sogar entgegen der Rechtslage den Antrag auf Gewährung des Gründungszuschusses verwehrt.
Für-Gründer.de: Herr Chhatwal, seit der Änderung beim Gründungszuschuss Ende 2011 durch die Bundesregierung wird der Gründungszuschuss nur noch selten durch die Bundesagentur für Arbeit bewilligt – was sind die Hauptgründe?
Sandeep S. Chhatwal, Anwalt: Die drei häufigsten Ablehnungsgründe sind:
- fehlende Tragfähigkeit: diese ist gegeben, wenn z.B. der Businessplan zu kurz, nicht aussagekräftig oder das Zahlenwerk nachvollziehbar oder das erwartete Einkommen zu niedrig ist.
- dann die sogenannte Eigenleistungsfähigkeit: diese ist gegeben, wenn z.B. das erwartete Einkommen aus der Selbständigkeit so hoch angenommen wird, dass keine Förderung erforderlich ist. Ferner können Abfindungen oder eigenes Vermögen zur Ablehnung des Antrags auf Gewährung eines Gründungszuschusses führen.
- Zudem gilt der Grundsatz des Vorrangs der Vermittlung: dies bedeutet, dass vor der Entscheidung sich selbständig zu machen, ausreichend Bewerbungen auf Festanstellungen erfolgt sein müssen. Ablehnungsgründe in diesem Zusammenhang sind z.B. breite Einsatzmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, zahlreiche vorhandene offene Stellen oder bei nachweislich nicht ausreichenden vorangegangen Bewerbungsbemühungen.
Für-Gründer.de: Wie erhöht man die Chancen den Gründungszuschuss zu erhalten? Und wie gehen Sie in der Praxis vor?

Sandeep Chhatwal
Sandeep S. Chhatwal, Anwalt: Zuallererst sollte auf keinen Fall zu Beginn der Arbeitslosigkeit gegenüber der Agentur für Arbeit die Selbstständigkeit angesprochen werden, da -wie bereits erwähnt- zunächst Bewerbungen auf Festanstellung Vorrang haben.
Des Weiteren lassen sich durch eine sorgfältige Vorbereitung des Text- und Finanzteils des Businessplans, die vorhin genannten Ablehnungsgründe bzw. Fallstricke häufig umgehen.
Im Falle, dass auch der Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid abgelehnt wird, sollte man Klage beim zuständigen Sozialgericht einreichen, da die Ablehnungsgründe der Agenturen für Arbeit in vielen Fällen nicht standhalten können.
Für-Gründer.de: Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, wenn die Ablehnung da ist? Und zu welchem Vorgehen raten Sie?
Sandeep S. Chhatwal, Anwalt: Hat man einen Ablehnungsbescheid erhalten, sollte man sich nicht entmutigen lassen. Der erste Schritt ist ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid bei der zuständigen Widerspruchsbehörde. Sollte der Widerspruch durch die Widerspruchsbehörde abgelehnt werden, ist der nächste Schritt eine Klage beim zuständigen Sozialgericht. Zu Erhöhung der Erfolgsaussichten sollte man sich anwaltlichen Rat einholen.
Für-Gründer.de: Welche Risiken birgt der Klageweg?
Sandeep S. Chhatwal, Anwalt: Die Klage vor dem Sozialgericht ist kostenlos und birgt somit keine Kostenrisiken, sofern man sich selber vertritt. Das ist aber nicht empfehlenswert. Für den Fall, dass man von einem Rechtsanwalt vertreten und die Klage abgewiesen wird, sind die Rechtsanwaltskosten durch den Kläger zu entrichten. Im Falle des Obsiegens hat die Behörde die Kosten für das Widerspruchs- und Klageverfahren vollständig zu tragen. Das kann durchaus ein längerer Prozess sein und sich über ein Jahr ziehen. Der Gründungszuschuss würde erst nach erfolgreicher Klage ausgezahlt werden.
Für-Gründer.de: Sie haben ja besondere Expertise beim Gründungszuschuss, welche weiteren Rechtsgebiete decken Sie ab?
Sandeep S. Chhatwal, Anwalt: Ich bin als Anwalt insbesondere für Existenzgründer und KMU beratend tätig. Meine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Unternehmensgründung, Unternehmenskauf, Vertriebsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht und Allgemeines Zivilrecht. Besonders häufige Rechtsfragen von Existenzgründern betreffen u.a. die richtige Wahl der Rechtsform ihres Unternehmens, die Vertragsgestaltung, die allgemeinen Geschäftsbedingungen, das Marken- und Urheberrecht, die rechtliche Gestaltung von Webseiten und die Anstellungsverträge für Mitarbeiter.
Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Gespräch!
*Name von der Redaktion geändert.
Herr Chhatwal ist als Anwalt und Gründercoach im Netzwert von Für-Gründer.de vertreten. Erfahren Sie mehr über die Kanzlei und Unternehmensberatung im ausführlichen Profil in der Dienstleister- und Beraterbörse auf Für-Gründer.de.
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