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„Unser Erfolg basiert auf Stammkunden und Mundpropaganda“

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Digitalisierung liegt im Trend. Die Buchbranche schwächelt. Lesen ist nicht mehr zeitgemäß. Fakten und Vorurteile wie diese kennen die Gründerinnen Elisabeth Windfelder und Jasmin Marschall – genau deswegen haben sie sich erst recht nicht von ihrem Plan abhalten lassen, eine ganz besondere Buchhandlung aufzubauen. Das Porträt über die rheinland-pfälzischen GründerChampions 2016 zeigt, was sie anders machen und weshalb das kleine Dorf Gau-Algesheim genau der richtige Standort dafür ist.



Was braucht es, damit das Konzept Buchhandlung im heutigen Zeitalter noch funktioniert? Inhaltliche Vielfalt, eine moderne Gestaltung und Gespür für individuelle Bedürfnisse. So viel war den Gründerinnen Elisabeth Windfelder und Jasmin Marschall von der Buchhandlung „herr holgersson. lesen und leben“ von Anfang an klar. Deshalb gründeten sie einen Buchladen, der mehr als nur eine Ausstell- und Kauflocation für Bücher ist.

Kein Buchladen sondern eine Bücherwohnung

Die Unternehmerinnen haben ein Raumkonzept entwickelt, das an die Bedürfnisse ihrer Kunden angelehnt ist. Der Verkaufsraum gleicht einem Wohnzimmer mit Sofa und Klavier. Außerdem gibt es beispielsweise eine Küchenzeile mit Koch- und Backbüchern, ein Arbeitszimmer mit Schreibtisch und Sachbüchern oder ein Kinderzimmer mit Spielecke und Kinder- und Jugendbüchern.

So weit klingt das Konzept gut. Doch das Ganze so zu gestalten, dass es wirtschaftlich tragbar ist, war die nächste Herausforderung. Insbesondere in einem Dorf nahe Mainz, das nur knapp 7.000 Einwohner zählt. Die Unternehmerinnen haben auch das erfolgreich gemeistert und wurden dafür von der Jury des KfW Awards als einer der 16 Landessieger der GründerChampions 2016 gekürt. Damit setzten sie sich auch gegen zahlreiche Bewerbungen von klassischen Start-ups durch. Im Interview geben die Gründerinnen einen Einblick in ihr Business und verraten, was sie mit dem Preisgeld planen, welche Rolle Marketing und Standort für sie spielen und was ihre wichtigen Learnings im Gründungsprozess waren.

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Elisabeth Windfelder freut sich über die Auszeichnung als KfW GründerChampion 2016 (Foto: KfW / Thorsten Futh)

Für-Gründer.de: Eure Geschäftsidee ist kein ganz normaler Buchladen, sondern…

Elisabeth von herr holgersson: …eine Buchhandlung, die eingerichtet ist, wie eine Wohnung: Mit Kochbüchern in der Küche, Schmökern und prämierter Literatur im Wohnzimmer, Kinder- und Jugendliteratur im Kinderzimmer und so weiter. Bei uns finden viele Veranstaltungen für Groß und Klein statt. Nicht nur Lesungen mit Autoren, sondern auch Koch- und Kreativ-Workshops. Seit der Gründung treffen wir uns regelmäßig mit einem Lesekreis und demnächst finden auch Yogastunden in unserer Buchhandlung statt.

So sind wir nach 2,5 Jahren zu einem viel besuchten kulturellen Treffpunkt des Ortes bzw. sogar der ganzen Region geworden. Für viele Dingen im Leben braucht man Bücher und so ist „lesen & leben“ unser Motto.

Für-Gründer.de: Woher kennt ihr euch und wie kamt ihr auf die Idee von „herr holgersson“?

Jasmin von herr holgersson: Selbstverständlich haben wir uns in einer Buchhandlung kennengelernt! Sehr schnell haben wir voneinander erfahren, dass wir beide einmal eine eigene Buchhandlung gründen möchten und von diesem Zeitpunkt an haben wir zusammen geplant. Vor unserer gemeinsamen Buchhandlungszeit haben wir zusammen am mediacampus frankfurt, der deutschen Buchhändlerschule, gearbeitet. Und immer wenn es die Zeit erlaubt hat, haben wir über die Bürotische hinweg an unserem Konzept gearbeitet und gefeilt.

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Schlicht und chic: So sieht es bei herr holgersson aus (Foto: herr holgersson)

Dabei stand immer im Vordergrund: Wir möchten eine moderne, helle, offene und freundliche Buchhandlung führen, die zeigt, wie spannend und vielseitig das Lesen und der Umgang mit Geschichten heute sein kann. Wir haben außerdem eReader in unserem Leseladen und verkaufen über unsere Webseite oder auch vom Laden aus eBooks. Und so kam es auch zu unseren Filmabenden, die Teil unseres Veranstaltungskonzepts sind. Irgendwann hatten wir beim Planen den Gedanken im Kopf: „Zuhause hat man doch auch in vielen Räumen Bücher. Manche sogar die „Klolektüre“ auf der Toilette. Lass diesen Gedanken doch im Laden abbilden.“ Und so haben wir es gemacht.

Für-Gründer.de: Standort Gau-Algesheim: Fluch oder Segen? Plant ihr auch in anderen Städten eine Umsetzung des Konzepts?

Elisabeth von herr holgersson: Segen! Auf jeden Fall Segen! Von unserem Konzept sind wir wirklich überzeugt. Uns war aber auch immer klar: Ein Konzept kann so gut sein, wie es will, wenn es an einem Standort stattfindet, den keiner kennt oder findet. Wir sind nun in unserem dritten Jahr und es läuft wirklich gut. Dennoch denken wir gerade eher daran, unser Geschäft hier vor Ort weiter zu verstetigen und auszubauen. Es gibt täglich viel zu tun: Zur Zeit planen wir unser Veranstaltungskonzept für 2017, Weihnachten und damit die trubeligste und wichtigste Zeit des Buchhandelsjahres steht vor der Tür, 2017 wird es bei uns außerdem zwei „AGs“ mit Kindern geben etc.

Was wir aber schon sagen können: Wenn wir an einen weiteren Buchladen denken, dann nicht unbedingt in Richtung größere Stadt, sondern in Richtung Kleinstadt. Wir haben in unserem Ort hier rund 7.000 Einwohner und mit einer solchen Größe lässt es sich sehr gut arbeiten. Wir haben einen sehr hohen Stammkundenanteil und viel weniger Laufkundschaft. So können wir hier auch richtig etwas entwickeln. In größeren Städten hätten wir viel mehr Laufkundschaft, was unsere inhaltliche Arbeit ganz anders vorzeichnen würde.

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Elisabeth Windfelder (l.) und Jasmin Marschall (r.) sind die Gründerinnen von herr holgersson (Foto: herr zahm – mehr Bilder von der Buchhandlung)

Für-Gründer.de: Was war euer erster Gedanke als klar war, dass ihr die GründerChampions 2016 für Rheinland-Pfalz seid?

Jasmin von herr holgersson: „Nee, nee? Wir als Buchhandlung?“ Darüber, dass wir ja auch stellvertretend für unsere Branche ausgezeichnet wurden, haben wir uns am meisten gefreut. Die Buchbranche ist ja doch eine sehr traditionelle Branche und dann zwischen Start-ups zu stehen, die in Richtung Zukunft arbeiten, hat uns sehr gefreut.

Für-Gründer.de: Die 1.000 Euro Preisgeld werden wir investieren für…?

Elisabeth von herr holgersson: …ein paar unserer Veranstaltungen 2017 – wir freuen uns schon sehr, dass wir dadurch das ein oder andere zusätzlich anpacken können!

Für-Gründer.de: Was sind die wichtigsten Learnings, die ihr aus eurer bisherigen Zeit als Unternehmerinnen anderen Gründern mit an die Hand geben könnt?

Jasmin von herr holgersson:

  • nicht verzetteln
  • auf sich selbst achten
  • genug Schlaf einplanen
  • „nein“ sagen lernen
  • nur Dinge tun, von denen man selbst überzeugt ist
  • nicht reinreden lassen (viele, viele werden es besser wissen wollen)
  • nichts überstürzen

Für-Gründer.de: Welcher Marketing- oder Vertriebskanal ist für euch entscheidend?

Elisabeth von herr holgersson: Die gute alte Mundpropaganda. Wir haben hier sehr früh ganz oft den Satz „Mein Freundin/mein Kollege/mein Nachbar … hat mir euren Laden empfohlen“ gehört. Und so zahlen sich zufriedene Kunden, die unser Konzept und unsere Beratungskompetenz weitertragen, am meisten aus. Das hat natürlich auch wieder etwas mit dem Standort zu tun. In diesem Sinne funktionieren auch unsere Veranstaltungen. Wir merken, dass hier jede besondere Veranstaltung als solche wahrgenommen wird und uns begeisterte Kunden beschert, die ihre Begeisterung für uns weitertragen.

Für-Gründer.de: Vielen Dank für das Interview!

Bist auch du KfW GründerChampion?

Nachdem die Sieger 2016 gekürt sind, geht der Blick bereits auf das neue Jahr. Denn auch 2017 wird es wieder eine Wettbewerbsrunde geben, für die sich Gründer und Unternehmer bewerben können. Wer mehr über die KfW GründerChampions erfahren möchte, findet mehr Informationen auf der Seite der KfW. Dort findet ihr auch viele weitere Bilder, Filme, Portraits und Hintergrundinformationen zu allen GründerChampions.

  • Der KfW-Award GründerChampions ist ein bundesweiter Gründerwettbewerb. Jedes Jahr werden Existenzgründer und Jungunternehmer gesucht, die einen Mehrwert mit ihrer Geschäftsidee schaffen und soziale Verantwortung übernehmen. Hier stehen innovative Geschäftsmodelle, originelle Produkte bzw. Dienstleistungen und natürlich die Schaffung von Arbeitsplätzen und nachhaltigem Unternehmertum im Fokus. Vergeben werden mit Preisgeldern dotierte Landespreise, ein Bundessieg, ein Publikumspreis sowie ein Sonderpreis. Darüber hinaus erhalten alle GründerChampions die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen, Unterstützung durch die KfW, Zugang zum GründerChampions-Netzwerk und ein Titel, der die unternehmerischen Tätigkeiten als Qualitätsauszeichnung bundesweit kennzeichnet. Die Jury wird von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Medien, Landesförderinstituten und Industrie- sowie Handelskammern besetzt.

Der Beitrag „Unser Erfolg basiert auf Stammkunden und Mundpropaganda“ erschien zuerst auf GründerDaily - Deine tägliche Dosis Unternehmertum.


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